Jahresbericht NETZ - Wetzlarer Unterstützung für 100.000 Menschen in Bangladesch
Die Entwicklungsorganisation NETZ aus Wetzlar verfolgt einen Mehrfach-Ansatz, um Armut in Bangladesch zu bekämpfen. Mit Erfolg – denn die Arbeit hat einen neuen Rekord geschaffen.
Wetzlar – Nicht einmal 50 Cent am Tag haben die Menschen zur Verfügung, die in Bangladesch zu den ärmsten zählen. Das reicht bei Weitem nicht für für das Nötigste – Kleidung, Medikamente, Schulsachen für die Kinder und vor allem: genug zu Essen, um satt zu werden. Besonders jetzt, in der Corona-Pandemie, drohen Armut und Abhängigkeit für viele Familien in dem südasiatischen Land immer größer zu werden. Doch dem entgegen gibt es auch große Erfolge: Aus Mittelhessen kommt seit Jahren Unterstützung für die am meisten benachteiligten Menschen dort. Und diese Hilfe hat nun einen neuen Rekord erreicht – über 100.000 Menschen hat die Entwicklungsorganisation NETZ inzwischen unterstützt, die Armut zu besiegen und nachhaltig eine sichere Existenz aufzubauen. Das geht aus dem aktuellen Jahresbericht hervor den das Team jüngst in der Wetzlarer Geschäftsstelle in der Moritz-Hensoldt-Straße vorgestellt hat.
In der Arbeitsbilanz beschreibt die Organisation die vielfältigen Herausforderungen beim Kampf gegen Armut und macht deutlich, um was es alles geht: Grundschulbildung, der Einsatz gegen den Klimawandel und Menschenrechte spielen neben Ernährungssicherung eine große Rolle für Menschen, um sich selbst aus prekären Lebensverhältnissen befreien zu können. NETZ unterstützt deshalb Familien und alleinstehende Frauen vor allem im Norden Bangladeschs, wo die Armut am größten ist und viele Dimensionen hat. Dort baut und unterhält die Organisation in Zusammenarbeit mit den Menschen vor Ort Schulen, gibt Kleinbauern Starthilfe in Form von Nutzvieh oder Landpacht und fördert die Menschenrechtsarbeit, also den Kampf der Bewohner vor Ort gegen Korruption, Ausbeutung oder Kinder-Ehen. Wie der Geschäftsführer von NETZ, Dr. Max Stille, erklärt, ist der Ansatz übergreifend: „Es genügt nicht, nur kurzfristig Unterstützung zu geben. Es ist wichtig, dass die Menschen selbst für ihre Ernährung sorgen können und nicht hungern. Dann können sie sich nämlich auch für ihre Rechte starkmachen und gegen gesellschaftliches Unrecht vorgehen, ihre Kinder zur Schule schicken und so nachhaltig ihre Lebenssituation verbessern.“
Insgesamt 3,2 Millionen Euro hat die Organisation im vergangenen Jahr für die Entwicklungszusammenarbeit umgesetzt. Fast eine halbe Million davon waren Spenden aus der Region und ganz Deutschland. Im vergangenen Jahr wurde dadurch beispielsweise den Vor- und Grundschulunterricht für über 44.000 Kinder ermöglicht und insgesamt 333 Grundschulen in ländlichen, abgelegenen Regionen Bangladeschs unterstützt. Ein Teil dieser Schulen dient ganzen Dorfgemeinschaften als Treff- und Anlaufpunkt. In Flutzeiten kommen Menschen dort unter, deren Häuser von den Wassermassen zerstört wurden. Das passiert in Bangladesch regelmäßig – auch vergangenes Jahr, wie NETZ im aktuellen Jahresbericht erläutert. Ein schwere Flut hat demnach eine halbe Million Häuser im Land zerstört, mehr als 100 Menschen starben. NETZ unterstützte kurzerhand Tausende Familien beim Wiederaufbau ihrer Häuser, gab finanzielle Unterstützung und setzte wichtige Trinkwasserleitungen wieder instand.
Die Fluthilfe ist dem NETZ-Geschäftsführer zufolge jedes Jahr eine wichtige Aufgabe und wird immer dringlicher: „Aktuell hat schon die nächste Flut den Norden des Landes heimgesucht. Allmählich zieht das Wasser ab“, sagt Dr. Max Stille. Die Nothilfe 2020 sei bereits angelaufen. Im Anschluss gehe es aber darum, die Schäden zu analysieren und nachhaltig zu helfen. Der Einsatz gegen den Klimawandel, der in Bangladesch vor allem die Menschen in Armut trifft, ist daher ein immer größeres Thema für NETZ. Und den bestreitet die Organisation neben ihren anderen Aufgaben, auf vielfältige und kreative Weise, wie der Jahresbericht zeigt. So gab es im vergangenen Jahr mehr als 6000 Ehrenamtliche, die für NETZ deutschlandweit unterwegs waren, Aktionen und Diskussionsrunden veranstaltet haben und die Menschen hierzulande auf die drängendsten Probleme aufmerksam gemacht haben. Sie haben etwa Sponsorenläufe, Fotoaktionen und Benefizkonzerte organisiert oder Unterrichtsmaterialien zu entwicklungspolitischen Themen gestaltet, von denen der Klimawandel eines der wichtigsten ist.
Als länderübergrifende Organisation war für NETZ in 2019 wie schon in den Vorjahren auch der Austausch wichtig: Drei Menschenrechtsaktivistinnen aus Bangladesch hat die Organisation in Deutschland begrüßt und diese mit einem großen Publikum hierzulande zusammengebracht. Zudem waren weitere bangladeschische Partner vor Ort, um zum Thema Klimawandel zu referieren und die Situation in Bangladesch vor Ort zu schildern.
Fotos:
1. Shymoli Begum (links) ist stolze Beistzerin zweier Nähmaschinen. Ihre Tochter Sharifa hilft ihr beim Nähen. Dieser Bereich des Hauses ist zugleich Produtkions- und Verkaufsraum. Foto: Noor Ahmed Gelal
2. Shymoli ist froh, dass sie mit Unterstützung der NETZ-Selbsthilfegruppe ein eigenes Business aufbauen konnte und somit auch ihrer Tochter Sharifa ein Einkommen sichert. Foto: Noor Ahmed Gelal
3. Schülerinnen der Birprotik Taramon Bibi Anandalok Schule in Gaibandha. Foto: Noor Ahmed Gelal
4 Das NETZ-Team in Wetzlar bedankt sich mit dem Jahresbericht für das vielfältige Engagement in der Partnerschaft mit Bangladesch. Foto: Florian Albrecht