Das UN-Klimaschutzabkommen und Bangladeschs Energiemanagement
In Artikel II des Pariser Klimaabkommens verständigt sich die internationale Gemeinschaft darauf, die Klimawandel-Resilienz, also die Widerstandsfähigkeit von Staaten und Gemeinschaften gegen Effekte und Folgen des Klimawandels, entschlossen voranzubringen. Ausdrücklich sollen die Menschen unterstützt werden, sich an die Folgen des Klimawandels anzupassen und die eigene Widerstandsfähigkeit zu stärken.
Author: Md Shamsuddoha
Diese Vorhaben richten den Blick auf die langfristigen Entwicklungen der globalen Erwärmung und machen die gewachsene Erkenntnis deutlich, eine gute Balance zu finden zwischen zu vermindernder Emission auf der einen und der notwendigen Anpassung an die heute schon nicht mehr abwendbaren Folgen des Klimawandels auf der anderen Seite. So wird deutlich: Es reicht nicht mehr, lediglich das Emissionsverhalten zu verändern, um Schaden abzuwenden. Denn der Schaden ist schon da.
Zudem schließt das Klimaabkommen auch Verlustminimierung und das Beheben von bereits entstandenen Schäden ein. Doch obwohl „Verlust und Schaden durch den Klimawandel“ als eigenständiges Thema aufgegriffen wird, sind die Bemühungen der Entwicklungsländer gescheitert, diesbezügliche Entschädigungszahlungen im Vertrag festzuschreiben. Die lange debattierten und politisch hochsensiblen Forderungen wurden umgangen. Vielmehr schreibt ein Zusatzartikel des Abkommens fest, dass kein Kompensationszwang oder bindende Zahlungsverpflichtung durch das Abkommen bestehen.
Alle Länder in der Pflicht
Noch immer sind die führenden Industrieländer also nicht ihrer Pflicht nachgekommen, den Entwicklungsländern ausreichend finanzielle Ressourcen zur Klimawandel-Anpassung zur Verfügung zu stellen. Anders als zuvor verpflichtet das Pariser Abkommen diesmal nicht nur die Industrienationen, sondern alle Länder dazu, die nötigen Maßnahmen zum Klimaschutz und zur Emissionsreduzierung zu treffen. Gerade deswegen brauchen die am wenigsten entwickelten Länder in Zukunft kontinuierliche und verlässliche finanzielle und technische Unterstützung im Kampf gegen die Folgen des Klimawandels. Die internationale Klimaschutzfinanzierung wird eine zentrale Herausforderung darstellen. Und trotz des ganzheitlichen Ansatzes und der Verpflichtung zur gegenseitigen Unterstützung braucht die Umsetzung des Abkommens einen entschlossenen politischen Willen der Industrienationen und solidarisches Handeln mit den Entwicklungsländern.
Das Pariser Klima-Abkommen
Das Abkommen wurde im Dezember 2015 auf der 21. Klimakonferenz der Vereinten Nationen (UN) in Paris verabschiedet. Alle UN-Mitgliedsstaaten haben sich darin dazu verpflichtet, Maßnahmen zu ergreifen, um die Erderwärmung auf deutlich unter zwei Grad gegenüber vorindustriellen Werten zu begrenzen. Wichtige Pfeiler des Abkommens sind außerdem die Stärkung der Widerstandsfähigkeit gegen den Klimawandel für die am meisten gefährdeten und betroffenen Gemeinschaften sowie die Risikominimierung. Das Abkommen setzt zudem Ziele zur Finanzierung fest und sieht einen solidarischen Ansatz vor – vor allem für Länder und Gemeinschaften, die besondere finanzielle und technologische Unterstützung brauchen. Bangladesch unterzeichnete das Klimaabkommen im Jahr 2016 gemeinsam mit 175 anderen Staaten.
Bangladesch ist eines der am meisten von den extremen Folgen des Klimawandels betroffenen Länder. Es legt sein Augenmerk in erster Linie auf den Aufbau der Widerstandsfähigkeit anstatt auf die Reduktion von Abgasen und Emissionen. Eine der ersten Maßnahmen Bangladeschs – und auch anderer Entwicklungsländer – in dieser Hinsicht war die Entwicklung eines Nationalen Anpassungsplans (National Adaption Programme of Action, NAPA) im Jahr 2005. Der NAPA schlug 15 Anpassungsprojekte vor, beinhaltete eine „kommunale Anpassung an den Klimawandel durch Wiederaufforstung in Küstengebieten“ und sollte mit Geldern aus einem Klimaschutzfonds der Vereinten Nationen finanziert werden. Die Umsetzung des NAPA blieb jedoch aus, da die zugesagte Förderung aus internationalen Töpfen für Bangladesch nicht erfolgte.
Mangelnde Finanzierung
Im Kontext eines sich vergrößernden „Klima-Risikos“ und der massiven Zerstörung durch den Zyklon Sidr im Jahr 2007 stellte das Land ein Jahr später eine eigene Klimawandel-Strategie (Bangladesh Climate Change Strategy Action Plan) vor. Dieses Papier mit insgesamt 44 Programmen sollte innerhalb von 10 Jahren (2009-2018) umgesetzt werden.
Weil keine finanzielle Unterstützung aus multilateralen Fördertöpfen gegeben war, beispielsweise aus dem UN-Klimafonds, schuf Bangladesch selbst zwei Fördermöglichkeiten: den Bangladesh Climate Change Trust Fund (BCCTF) und den Bangladesh Climate Change Resilience Fund (BCCRF). Damit sollten die Projekte der nationalen Klimawandel-Strategie bezahlt werden. Der BCCTF wird komplett eigenständig durch Staatseinnahmen finanziert und hat in den vergangenen acht Jahren fast 370 Millionen Euro angesammelt. Der BCCRF hingegen wird durch internationale Entwicklungspartner finanziert – bisher kamen etwas mehr als 170 Millionen Euro zusammen. Interessanterweise beträgt also der Anteil der internationalen Entwicklungspartner nicht einmal die Hälfte und somit deutlich weniger als der von Bangladesch selbst getragene Teil.
Trotz großer Hoffnungen, die in die neuen Möglichkeiten durch die Finanzierung gesetzt wurde, versäumte man es in Bangladesch bisher, neue und innovative Ressourcen zum Auf- und Ausbau der Widerstandfähigkeit zu schaffen. Große Herausforderungen sind fehlende Transparenz, schlechtes Management und politische Querelen, die der Entscheidung zur Projektförderung vorausgehen. So konnte sich der Finanzierungs-Mechanismus noch nicht vollständig etablierten und auch keine zusätzlichen und neuen Finanzierungsquellen internationaler Entwicklungspartner erschlossen werden. Bangladesch muss seinen treuhänderischen Standard verbessern, um Zugang zu internationalen Klimaschutzgeldern zu erhalten. Daneben sollte Bangladesch eine transparente, verantwortungsvolle und effektive Nutzung der eigenen Mittel ansteuern.
Das Paris-Abkommen ist für Bangladesch die Chance, die eigene Anpassung zu verbessern und bei der Entwicklung eine Vorreiterrolle in der Weltgemeinschaft zu übernehmen. An internationale Richtlinien angelehnt hat Bangladesch bereits den Entwurf eines Fahrplans entwickelt: den Nationalen Adaptionsplan (National Adaption Plan, NAP). Hier zeigt sich, wie die Anpassung an den Klimawandel Eingang in wesentliche generelle Planungsprozesse der Landesentwicklung findet. Die Anpassung wird also nicht als isoliertes Arbeitsfeld, sondern in allen wesentlichen Ressorts mitgedacht.
Zukunft der Energieversorgung
Obwohl die Politik in Bangladesch die Anpassung an den Klimawandel in der Vergangenheit nicht als Hauptthema fokussierte, zeigte das Land dennoch großes freiwilliges Engagement in dieser Hinsicht und versprach beispielsweise auf der Klimakonferenz in Marrakesch im November 2016, den eigenen Energiebedarf bis 2050 rein mit erneuerbaren Energieträgern zu decken. Zudem legte Bangladesch nationale Zielbeiträge (National Determined Contributions, NDC) zum Klimaschutz fest. Diese streben eine emissionsarme, widerstandsfähige Wirtschaft an und richten den Blick auf Bangladeschs Ziel, bis 2021 ein Land mittleren Einkommens zu werden. Die Selbstverpflichtung: bei dem Prozess soll die durchschnittliche Emission von Industrienationen nicht überschritten werden.
Bangladesch beabsichtigt, sein Emissionsziel mithilfe internationaler Unterstützung in Form von Finanzen, Investition und Technologieentwicklung zu erreichen. Die Umsetzung könnte jedoch zu einer sehr großen Herausforderung werden. Immerhin plant das Land, die Energie-Erzeugungskapazität von gegenwärtig 13.500 Megawatt bis 2020 auf 23.000 und bis 2040 auf 40.000 Megawattwatt hochzufahren – der Löwenanteil gespeist durch Kohlekraftwerke. Während der Anteil dieses fossilen Energieträgers in der Vergangenheit relativ unbedeutend war und nur bei zwei bis vier Prozent lag, wird ein steiler Anstieg auf bis zu 21 und sogar 50 Prozent in den Jahren 2020 bis 2030 prognostiziert. Der Anteil erneuerbarer Energien wird im Gegensatz dazu auf nur 10 Prozent geschätzt.
Bangladesch muss seine Energiepolitik also auf den Prüfstand bringen. Die Umsetzung des Pariser Abkommens erfordert eine weitreichende Dekarbonisierung bis 2050. Das heißt, dass Bangladesch bis dahin fast komplett aus den fossilen Energieträgern aussteigen müsste.
Dieser Prozess würde eine große Transformation bedeuten, von der stückweisen Veräußerung der „schmutzigen Energie“ hin zu größeren Investitionen in erneuerbare Energien und energieeffiziente Mechanismen. Dabei müsste sich Bangladesch auch von Förderungen verabschieden, die es durch die Kohlenutzung bekommt. Der Prozess erfordert eine substanzielle Neuausrichtung der Energiepolitik auch in Bezug auf finanzielle und technologische Unterstützung durch die internationale Gemeinschaft. Verstärkte Unterstützung und Solidarität seitens der Industrienationen und internationaler Institutionen sind von immenser Bedeutung. Dann kann die Transformation hin zu einer emissionsarmen und widerstandsfähigen Entwicklung in Bangladesch erreicht werden, mit einer für die Bürger erschwinglichen, nachhaltigen und sicheren Energiepolitik. Eine Alternative zum momentan massiven Vorantreiben von Investitionen in fossile Energieträger, um der boomenden Wirtschaft entgegenzukommen und den großen Energiehunger zu stillen.
Übersetzung: Lena Boeck
Dieser Beitrag erschien in der NETZ Ausgabe 1/2017 "Klima und Wandel" der Bangladesch-Zeitschrift NETZ zum Projekt Klimagerechte Zukunft Die Zeitschrift können Sie als PDF downloaden oder als Drucksache bei uns anfordern.