Startseite
Jetzt spenden

Im Fokus Madhur Canteen – Ein Ort der Geschichte, des Protests und der Kultur

Madhur Canteen

Die Madhur Canteen auf dem Campus der Universität Dhaka ist nicht nur ein Ort, an dem Tee und Snacks serviert werden – sie ist ein zentraler Schauplatz politischer und kultureller Geschichte Bangladeschs. Seit ihrer Gründung im Jahr 1921 durch Aditya Chandra Dey, dem Vater von Madhusudan Dey (auch Madhuda genannt), spielte sie eine entscheidende Rolle in einigen der bedeutendsten sozialen und politischen Bewegungen des Landes.


Ein Zentrum des Protests und politischer Bewegungen

Von Beginn an war die Madhur Canteen mehr als nur ein Essenslokal. Ab 1948 entwickelte sie sich zu einem Epizentrum studentischer Bewegungen. Hier begannen die Sprachbewegung von 1952, die Proteste gegen die „schwarzen Gesetze“ der Universität und der Volksaufstand von 1969. Während der Operation Searchlight am 25. März 1971 wurde die Canteen eines der ersten Ziele der pakistanischen Armee – ein Zeichen für ihre Bedeutung im studentischen Widerstan.

Nach dem Unabhängigkeitskrieg blieb die Madhur Canteen ein Treffpunkt für politische Aktivist*innen und studentische Führungspersönlichkeiten. Sie spielte eine Schlüsselrolle in der Anti-Diktatur-Bewegung gegen Präsident HM Ershad in den 1980er Jahren. Auch bei den Protesten gegen die Regierung von Sheikh Hasina diente die Canteen als Ausgangspunkt. Hier fanden Pressekonferenzen statt, Diskussionen wurden geführt und Demonstrationen vorbereitet. Selbst in den Protesten von 2013 gegen das Urteil im Kriegsverbrecherprozess von Abdul Quader Mollah wurde die erste Kundgebung von hier aus organisiert.


Ein kultureller Schmelztiegel

Über ihre politische Bedeutung hinaus war die Madhur Canteen immer ein Ort des kulturellen Austauschs. Hier trafen sich Studierende, Schriftsteller*innen, Künstler*innen und Aktivist*innen, um Ideen zu diskutieren und kulturelle Veranstaltungen zu organisieren. Persönlichkeiten wie Sheikh Mujibur Rahman, Zainul Abedin, Shamsur Rahman und viele weitere prägten die lebendige Atmosphäre dieses Ortes. Die Tradition der „Adda“ (informellen Gesprächsrunden) gehört bis heute zur Seele der Canteen.

Der Ort war stets geprägt von Solidarität und Gemeinschaftssinn. Madhusudan Dey, Sohn des Gründers, erlaubte Generationen von Studierenden, auf Kredit zu essen, und verlangte nie aktiv die Rückzahlung. Viele ehemalige Studierende kehrten Jahre später zurück, um ihre Schulden zu begleichen und ihre Dankbarkeit auszudrücken.


Ein bleibendes Erbe

Am 26. März 1971 wurde Madhusudan Dey zusammen mit seiner Familie von der pakistanischen Armee ermordet. Sein Sohn Arun Kumar Dey übernahm später die Leitung der Canteen und hielt die Türen für Studierende und Aktivist*innen weiterhin offen. Arun erinnert sich daran, wie viele Menschen nach dem Krieg zurückkehrten, um ihre Schulden zu begleichen – oft begleitet von emotionalen Worten des Dankes.

Im Jahr 1995 wurde eine Statue von Madhusudan Dey, geschaffen von Toufiq Hosen Khan, vor der Canteen aufgestellt. Neben der Statue erinnert das Gedicht „Madhusmriti“ von Shamsur Rahman an die zentrale Rolle, die die Madhur Canteen in der Geschichte Bangladeschs gespielt hat.


Ein lebendiges Denkmal

Bis heute bleibt die Madhur Canteen ein lebendiges Symbol für politische Bewegungen, kulturellen Austausch und gemeinschaftliches Engagement. Hier kreuzen sich die Wege von Studierenden, Aktivist*innen und Denker*innen, die in diesem einzigartigen Raum Ideen austauschen und Debatten führen.

Die Madhur Canteen ist damit nicht nur ein Ort für Tee und Gespräche – sie ist ein fester Bestandteil der sozialen und politischen Geschichte Bangladeschs.

Dieser Artikel beruht auf den Beiträgen "Madhur Canteen: The story of an eatery and Bangladesh" und "History of Madhur Canteen", die am 21.12.2024 in der englischsprachigen Zeitung "The Daily Star" erschienen.

Mehr BeiträgeAlle Beiträge

Ihre Spende kommt an.

Alle Projekte ansehen
Jetzt spenden

Sichere SSL-Verbindung