Kommentar von Dr. Dwijen L. Mallick NETZ-Studie zeigt Zusammenhänge zwischen Klima und Konflikten

Die Folgen des Klimawandels zeigen sich in allen Bereichen des Lebens: in der Landwirtschaft, bei der Ernährungssicherheit, beim Zugang zu Gesundheitsdiensten und bei den Möglichkeiten, den eigenen Lebensunterhalt zu sichern. In besonders gefährdeten Regionen verschärft die rasche und tiefgreifende Klimaveränderung bestehende soziale und wirtschaftliche Probleme – etwa Armut, Arbeitslosigkeit, Hunger, Konflikte um Ressourcen und Ungleichheit zwischen den Geschlechtern. Der IPCC-Bericht von 2022 warnt: Die zunehmenden Auswirkungen des Klimawandels schränken die Anpassungsfähigkeit von Menschen und Ökosystemen drastisch ein.
Der Nationale Anpassungsplan Bangladeschs (2023–2050) benennt zahlreiche Belastungen, die sich auf Regionen, Menschen, ihre Lebensgrundlagen und die Umwelt im ganzen Land auswirken. Besonders betroffen sind Menschen, deren Einkommen direkt von natürlichen Ressourcen abhängt – etwa Kleinbäuerinnen und -bauern, Fischer*innen oder Tagelöhner*innen. In allen sogenannten Klimahotspots treffen extreme Wetterereignisse – wie Hitzewellen, Überschwemmungen, Wirbelstürme, Flutwellen und Erdrutsche – die ärmsten Bevölkerungsgruppen besonders hart. Frauen und sozial ausgegrenzte Gruppen sind dabei besonders gefährdet. Es fehlt oft an Wissen, an Vorbereitung, an Ressourcen und an Handlungsspielräumen, um auf diese Krisen zu reagieren.
Viele der betroffenen Menschen leben von der Nutzung natürlicher Ressourcen – durch Landwirtschaft oder Fischerei. Diese Tätigkeiten sind besonders anfällig für Klimaveränderungen. Zusätzlich verschärfen sich die Konflikte, weil Wälder, Feuchtgebiete oder Wasserquellen häufig von lokalen Machteliten kontrolliert werden. So verstärkt der Klimawandel bestehende Ungleichheiten in einer Gesellschaft, in der viele lokale Behörden schwach sind und von politischen Interessen beeinflusst werden. Studien zeigen: In allen Klimahotspots Bangladeschs prägen Armut, unsichere Lebensverhältnisse und tief verwurzelte Geschlechterungleichheiten den Alltag. Viele, vor allem Frauen, migrieren in Städte – in der Hoffnung auf ein besseres Leben. Dort leben sie oft in Slums oder Randgebieten unter schwierigen Bedingungen.
NETZ Bangladesch hat kürzlich eine Studie durchgeführt, um die Ursachen für Verwundbarkeit und Ungleichheit in drei besonders betroffenen Regionen zu untersuchen: an der südwestlichen Küste, im dürregefährdeten Nordwesten und im zentralen Flussbecken im Norden. Die Befragung von 400 Personen zeigt: 63 Prozent berichten von zunehmenden Konflikten während oder nach Naturkatastrophen – am häufigsten in der Küstenregion (82 Prozent). In den Küstendörfern berichten über 90 Prozent von Streitigkeiten um Süßwasser, Fischgründe oder Weideflächen.
Die Ursachen sind vielfältig: häufige Katastrophen, Eindringen von Salzwasser ins Grundwasser, hohe Gezeiten und Staunässe. Der Zugang zu Trinkwasser ist unzureichend, der Bedarf wächst. In Armut lebende Menschen dürfen ihr Vieh oft nicht mehr weiden lassen. Kleinbäuer*innen verlieren ihr Land, das für Garnelenfarmen umgewandelt wird – meist ohne ihre Zustimmung. In Konflikten um Ressourcen setzen sich oft lokale Eliten durch, die gut mit Parteien und Behörden vernetzt sind.
Die bestehenden Mechanismen zur Lösung solcher Konflikte greifen oft zu kurz – vor allem für Frauen, ethnische Minderheiten und marginalisierte Gruppen. Es braucht neue, gerechtere Ansätze: mit aktiver Beteiligung von zivilgesellschaftlichen Organisationen und lokalen Partnern. Nur so können soziale Gerechtigkeit und Gleichstellung erreicht werden. Lokale Behörden – etwa die Union Parishads oder die Verwaltungen auf Upazila-Ebene – müssen den Interessen benachteiligter Gruppen besser gerecht werden.
Auch patriarchale Strukturen, eingeschränkte Bewegungsfreiheit und fehlende Mitspracherechte hindern viele Frauen und Mädchen daran, selbstbestimmt zu handeln. Deshalb ist es wichtig, dass Frauen in Armut ihr soziales Netzwerk und ihre Selbstorganisation stärken – durch gemeinschaftliche Strukturen, lokale Lösungen und klimaresiliente Einkommensquellen. Geschlechtergerechte und armutsorientierte Maßnahmen zur Klimaanpassung und zum sozialen Schutz müssen im Zentrum staatlicher und zivilgesellschaftlicher Programme stehen. Sie stärken die Widerstandskraft gefährdeter Gemeinschaften – und ermöglichen ihnen, sich selbst für Gerechtigkeit und ein friedliches Miteinander einzusetzen. Dafür braucht es verlässliche Partner: rechtebasierte Organisationen und ihre Netzwerke.
Dr. Dwijen L. Mallick ist Direktor am Bangladesh Centre for Advanced Studies (BCAS) und verfügt über mehr als 18 Jahre Erfahrung in Forschung und Politikberatung. Seine Arbeitsschwerpunkte liegen unter anderem in der Klimaanpassung, Armutsbekämpfung und dem nachhaltigen Ressourcenmanagement.
Die in diesem Artikel geäußerten Ansichten spiegeln die Meinung des Autors wider.
Dieser Artikel erschien im Englischen Original am 22.02.2025 in der Zeitung "The Daily Star".