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Nia Künzer und NETZ gegen Kinder-Ehen in Bangladesch

"Die Not der Mädchen und jungen Frauen in Bangladesch ist erschreckend. Gerade ihre Situation ist mir ein Anliegen." Nia Künzer, die Schützin des Golden Goals bei der Fussballweltmeisterschaft der Frauen, beschäftigt sich eingehend mit den Lebensbedingungen der Menschen in Entwicklungsländern. Sie weiss, dass Armut viele Gründe hat, doch gerade mangelnde Bildung und zu frühe Verheiratung von Mädchen sind wichtige Faktoren.

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Die zwölfjährige Salma gehört zu den 62 Millionen Menschen, die in Bangladesch weniger als einen Euro pro Tag zum Leben haben. Sie lebt mit ihren Eltern und vier Geschwistern in einer kleinen Strohhütte im Norden des südasiatischen Landes. Das Land, das der Vater bewirtschaftet, gehört ihm nicht. So muss er die Hälfte seiner Ernte an den Landbesitzer abgeben. Die Familie wird selten satt. In seinem Elend liegt es dem Vater nahe, seine Tochter zu verheiraten. Dann wäre eine Esserin weniger im Haus und auch die Mitgift fällt geringer aus, je jünger seine Tochter ist. Über die Hälfte der Mädchen in Bangladesch werden verheiratet, bevor sie 18 Jahre alt sind. Völlig unerfahren in Dingen wie Familienplanung, Kindererziehung oder richtiger Ernährung sind die Kinder der oft 13-, 14-jährigen Mütter meist unternährt und häufig krank. Grausame Konsequenz: später müssen sie zustimmen, ihre Töchter so früh wie möglich zu verheiraten.

"Diesen Teufelskreis gilt es zu durchbrechen", meint Nia Künzer. Deshalb übernahm sie die Schirmherrschaft für ein Projekt gegen Kinder-Ehen der Entwicklungsorganisation NETZ. In einem Landkreis im Norden Bangladeschs lernen 4.260 Mädchen Lesen, Schreiben und Rechnen und werden umfassend über ihre Rechte aufgeklärt. Mädchen aus den ärmsten Familien lernen Schneidern, Batiken und die Verarbeitung von Bambus. Diese Ausbildung ist ihr Startkapital für den Weg aus der Armut. Die Kosten für einen Aufklärungs- und Alphabetisierungskurs liegen bei jährlich 44 Euro und für die Berufsausbildung bei 336 Euro pro Teenager.

Der wahrscheinlich schwierigste Teil des Projektes besteht jedoch darin, einen Bewusstseinswandel in der Bevölkerung herbeizuführen. Vor allem muslimische konservative Kräfte, die eine strenge Ausgrenzung der Frauen aus dem öffentlichen Leben durchsetzen wollen, stellen das Hauptrisiko bei der Durchführung des Projektes dar. Dem wirken die Mitarbeiterinnen vor Ort entgegen, indem sie politische Entscheidungsträger, Lehrer, Ärzte, Rechtsanwälte und die Leiter der Heirats-Register direkt einbeziehen. Mit öffentlichen Veranstaltungen und Theateraufführungen in den Dörfern wird eine breite öffentliche Kampagne gegen Kinder-Ehen durchgeführt. "Das Projekt gegen Kinder-Ehen packt das Problem an der Wurzel", unterstreicht NETZ-Geschäftsführer Ingo Ritz. Die in Wetzlar ansässige gemeinnützige Organisation ist auf die Entwicklungszusammenarbeit mit Bangladesch spezialisiert.

Die zwölfjährige Salma jedenfalls hat gute Chancen, nicht vor ihrem achtzehnten Geburtstag verheiratet zu werden. Denn ihre Eltern wissen jetzt, dass sie sonst gegen das Gesetz verstoßen und ihrer Tochter eine Zukunft in Armut bescheren. Salma selbst nimmt an einem Alphabetisierungskurs des Projektes teil. "Ausbildung und Aufklärung bedeuten Schutz vor Kinder-Ehen und Selbstbestimmung", so Nia Künzer. "Ein Aufbruch, für den ich gerne Projekt-Patin bin."

Fotos:
Salma nimmt am Alphabetisierungkurs teil. Nachweislich sind die Kinder der Mütter, die Lesen und Schreiben können, weniger unterernährt.

Mumenas Ausbildung als Schneiderin ist ihr Startkapital für den Weg aus der Armut.

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