Glossar - Die Macht der Worte
Dieses Glossar bietet Erläuterungen zu ausgewählten zentralen Begriffen und Schreibweisen, die im Zusammenhang mit der Postkolonialismus-Thematik verwendet werden. Als wichtige Orientierung dafür dienten unter anderem die Broschüre „Mit kolonialen Grüßen“, die vom Berliner Verein Glokal im Jahr 2012 veröffentlicht wurde, und die Handreichung mit Empfehlungen für geschlechtergerechte Sprache der Alice Salomon Hochschule Berlin.
Schwarz und weiß
Um deutlich zu machen, dass rassistische Kategorien ausschließlich soziale Konstruktionen sind, die mit bestimmten sozial-historischen Positionen und (Nicht-)Privilegien einhergehen, werden in den Beiträgen dieser Zeitschrift „Schwarz“ groß und „weiß“ klein und kursiv geschrieben. Durch die veränderte Schreibweise soll diskriminierenden Bezeichnungen und Zuschreibungen begegnet werden.
People of Color
People of Color ist ein Begriff, mit dem sich Menschen selbst bezeichnen können, die in der Mehrheitsgesellschaft als „nicht-weiß“ gelten. Der Begriff ermöglicht, die koloniale Strategie des Teilens (zwischen verschiedenen „nicht-weißen“ Gruppen) und Herrschens zu überwinden, indem er Menschen mit ähnlichen rassistischen Erfahrungen zusammen bringt. Wie Schwarz ist der Begriff People of Color eine Selbstbezeichnung, um rassistischen und kolonialen Wortschöpfungen eine Alternative entgegenzusetzen.
Geschlechtergerechte Sprache
Wenn Gesellschaften sich verändern, verändert sich auch ihre Sprache. Sprache ist ein Instrument, das Bedürfnisse nach Mitteilung und Verständigung erfüllt und kann zugleich auch ein Instrument der Machtausübung und des Ausschlusses sein. Seit Anfang der 1970er Jahre wurden im deutschsprachigen Raum zahlreiche Schreibweisen entwickelt, um zunächst Frauen, später dann auch Menschen, die sich nicht den Kategorien
„männlich“ und „weiblich“ zuordnen wollen, in Texten sichtbar zu machen. Bekannte Formen sind beispielsweise Doppelnennungen (Bürgerinnen und Bürger), das sogenannte Binnen-I (BürgerInnen) und der Unterstrich (Bürger_innen). Seit längerem ist auch die Verwendung des Sternchens (Bürger*innen) verbreitet, wodurch ein Raum für Personen symbolisiert wird, die sich in einem System, das lediglich Frauen und Männer
kennt, nicht wieder finden, beispielsweise intersexuelle oder transsexuelle Menschen.
Globaler Süden und Globaler Norden
Der Begriff „Globaler Süden“ beschreibt eine im globalen System benachteiligte gesellschaftliche, politische und ökonomische Position. Dementsprechend beschreibt der Begriff „Globaler Norden“ eine mit Vorteilen bedachte, privilegierte Position. Die Einteilung verweist auf unterschiedliche Erfahrungen mit Ausbeutung und Kolonialismus: als Ausgebeutete und als Profitierende. Zwar ist die Einteilung in Süden und Norden auch geographisch gedacht, aber nicht ausschließlich. So gehört zum Beispiel Australien, wie auch Deutschland, mehrheitlich dem Globalen Norden an. Doch gibt es in beiden Ländern auch Menschen, die Teil des Globalen Südens sind, beispielsweise die Aboriginal Australiens und illegalisierte Personen. Auch in Ländern, die mehrheitlich dem Globalen Süden angehören, gibt es Menschen, die die Privilegien des Globalen Nordens genießen, zum Beispiel Personen deutscher Abstammung in Namibia. Das Begriffspaar versucht, unterschiedliche politische Positionen in einem globalen Kontext zu benennen, ohne dabei wertende Beschreibungen wie beispielsweise „entwickelt“ und „unterentwickelt“ zu verwenden. (Quelle: Broschüre „Mit kolonialen Grüßen“, Glokal e.V.)
Post-Development-Kritik
Der Ansatz der Post-Development-Kritik entstand vorwiegend in den 1980er Jahren im lateinamerikanischen Raum. Ein zentrales Merkmal des Ansatzes ist seine grundlegende Ablehnung des Konstrukts der „Entwicklung“ und der damit verbundenen Praxis. „Entwicklung“ wird als eine Ideologie des Westens verstanden, die eine Fortsetzung des Kolonialismus mit anderen Mitteln erlaubte. Entwicklungstheorie, -politik und -zusammenarbeit werden grundsätzlich in Frage gestellt, weil sie eurozentrisch, entpolitisierend und autoritär seien. Die Post-Development-Kritik bezieht sich nicht nur auf die Entwicklungszusammenarbeit, sondern stellt implizit oder explizit auch Kapitalismus, Staat und Wissenschaft in Frage, zumindest in ihrer vorherrschenden Ausprägung.
Der Glossar erschien zu der Bangladesch-Zeitschrift NETZ 1/2-2018 Koloniale Kontinuitäten Die Zeitschrift können Sie als PDF downloaden oder als Drucksache bei NETZ anfordern.