"Uttore, buno ulongo pahrer duthare"
Der deutsche Botschafter und der Direktor des Goethe-Instituts betreten gerade das Auditorium, als Patrizia fragt: "Treten wir nun auf?" In fünf Minuten beginnt das Programm und auf Patrizias Frage weiß keiner so recht eine Antwort. Seit fünf Wochen lernen wir nun Bengalisch und heute sollen wir beide gemeinsam mit Schülern des Goethe-Instituts Heine auf Deutsch und Bengalisch im Rahmen eines Poetik-Festivals rezitieren.
Kurzer Rückblick: Noch vor einer halben Stunde saßen wir mit eben diesen Schülern und ihrem Lehrer zusammen und haben das Programm für die Eröffnung zusammengestellt. Außerdem mussten noch die letzten Hürden beseitigt werden, denn Rifat, ein Schüler, soll beispielsweise die "Schlesischen Weber" vortragen und hat Probleme mit der Aussprache von "Elend" und "düster". Dass er das Heine-Gedicht rezitieren soll, weiß er seit vierundzwanzig Stunden. Es ist abends, viertel vor sechs, der Direktor schreitet ins Zimmer und fragt, wo die Praktikanten seien. Schließlich sollten die auch "was rezitieren". Der Deutschlehrer weiß davon nichts. Er sollte doch nur die Gedichte mit den Schülern vorbereiten. Davon wiederum weiß der Direktor nichts: "Na, da müssen wir mal schauen.", meint dieser. Fünfzehn Minuten später hält der Botschafter eine Rede und spricht von Frieden und Freundschaft zwischen Bangladesch und Deutschland. Dann der Direktor. Wie das Programm wirkt auch seine Rede - improvisiert. Danach betritt Rifats Lehrer die Bühne, er winkt uns zu sich, wir treten nun also tatsächlich auf. Ich rezitiere als Dritter in der Reihe "Ein Fichtenbaum" auf Bengalisch.
Meine Anspannung steigt, als ich auf der Bühne stehe und in zweihundert Gesichter blicke, vor mir der Botschafter und eine TV-Kamera. Ich blicke auf meinen Zettel und lese die erste Zeile: "Uttore, buno ulongo pahrer duthare." Ich schaffe es, das "h" richtig anzuhauchen und das doppelte "t" akzentuiert zu sprechen. Fünfunddreißig Sekunden später bin ich fertig. Applaus und Nicken des Botschafters. Zumindest ansatzweise muss man es wohl verstanden haben.