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Sternschnuppen auf der Kokosnuss-Insel

Jetzt sind wir fünf Jungs in unserer Gruppe, die in Bangladesch mit NETZ einen Freiwilligendienst leisten: Dirk aus Frankfurt, der lang erwartete Fünfte, trifft an Heilig Abend endlich ein. Abends gehen wir alle in eine Kirche, die in Dhaka von den Portugiesen gebaut worden war, als sie in der Kolonialzeit hier Handelsniederlassungen hatten. Wir kommen erst gegen Ende des Gottesdienstes an. Doch auf dem großen Vorplatz der Kirche wird bereits gefeiert - Weihnachten auf bangladeschische Art: Viele Jugendliche sind da, Trommler heizen die Stimmung an, alle Menschen tanzen. Wir sind mitten darunter. Überall hängen Lichterketten und auf allen Gräbern des Friedhofs stehen unzählige Kerzen und brennen Weihrauch-Räucherstäbchen. So sind auch die verstorbenen Lieben mit in das Fest eingebunden. Die Atmosphäre und Stimmung ist so anders als in Deutschland - und dennoch vertraut.

Über Neujahr haben wir fünf Freiwilligen eine Woche frei. Wir fahren nach St. Martin's Island, eine Insel ganz im Südosten von Bangladesch. Nach knapp zwanzig Stunden in verschiedenen Bussen, auf Rikschas und Schiffen erreichen wir unser Ziel. Die Insel ist phantastisch schön. In Dhaka war es schon etwas kühl geworden. Hier begrüßt uns wieder die Sonne mit dreißig Grad. Der Sandstrand, die Palmen und Kokosnüsse - im Bengalischen heißt das Eiland übrigens Kokosnuss-Insel - machen die nächsten Tage zu einem wahr gewordenen Traum. An Silvester sitzen wir den ganzen Abend am Strand, grillen frisch gefangenen Fisch, lauschen Nils beim Gitarre spielen und haben eine Menge Spaß zusammen. An Stelle eines Feuerwerks gibt es dieses Jahr ein wahres Feuerwerk aus Sternschnuppen. Ich glaube ich habe immer noch ein paar Wünsche offen, so viele habe ich gesehen.

Zurück in Dhaka holt mich die Realität rasch wieder ein. Anfang Januar eskaliert ein Konflikt zwischen den Angehörigen einer ethnischen Minderheit im Landesinnern und den Forstbeamten des Waldes, in dem die Volksgruppe seit Jahrhunderten lebt. Die Garos, so der Name der ethnischen Gruppierung, demonstrieren gegen eine Mauer, die mitten durch ihr Wohngebiet und ihre Felder gezogen werden soll. Die Forstbeamten schießen in die demonstrierende Menge. Ein junger Familienvater stirbt im Kugelhagel. Über fünfundzwanzig weitere Garos werden zum Teil schwer verletzt.

Die ethnischen Minderheiten - also Volksgruppen, die das heutige Bangladesch schon früh besiedelt hatten - sind stark benachteiligt. Die Rechte dieser Menschen werden wenig beachtet, ihre Sprachen und einzigartigen Kulturen sind bedroht. Die meisten Garos besitzen von ihrem Land leider keine Eigentumsurkunden. So werden dort im großen Stil Ananas und Bananen angebaut, mit großen finanziellen Gewinnen für ortsfremde bangladeschische Händler. Korrupte Forstbeamte und andere einflussreiche Personen scheinen ebenfalls an den Plantagen zu verdienen. Doch die Garos wehren sich. In den letzten Tagen organisieren sie Protestmärsche, Kundgebungen in der Hauptstadt Dhaka und blockieren sogar eine Fernverkehrsstraße. Sie denken gar nicht daran sich damit abzufinden, dass ihre Rechte mit Füßen getreten werden und nun sogar auf sie geschossen wird. Für mich allerdings ist es nicht möglich, selber zu den Garos zu fahren. Die Situation ist zu gefährlich.

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