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Spielerisch in eine neue Zukunft

Mit meiner Kollegin Emi besuche ich regelmäßig die zentrale weiterführende Mädchenschule im Südwesten von Bangladesch. Kaum, dass wir den Schulhof betreten haben, erspähen uns auch schon zahlreiche Augenpaare. Die Kinder, Mädchen und Jungen gleichermaßen, haben uns bereits sehnsüchtig erwartet und rennen uns entgegen. In den kleinen Gesichtern und Stimmen zeigt sich helle Vorfreude. Von ihnen umringt, begeben wir uns in einen großen Klassenraum, der extra für unseren dreitägigen Theaterworkshop leer geräumt wurde.

"Das Ziel des Projekts ist es, die 10 bis 16-jährigen Mädchen und Jungen durch Theaterarbeit über Menschenrechte aufzuklären, nur so können wir aktiv auf ihre persönliche Entwicklung einwirken", erklärt Emi. Ein großer Vorteil ist dabei, dass das Projekt in das Schulprogramm aufgenommen wurde, was die Teilnahme der Kinder, besonders die der Schülerinnen, erleichtert. In der Regel haben Mädchen und Frauen vor allem auf dem Land mit sehr vielen Problemen, wie Vorurteilen zu kämpfen, wenn sie sich öffentlichen Gruppen anschließen wollen. Die Theatergruppen treffen sich regelmäßig, um selbstständig über Probleme oder neue Ideen zu diskutieren. "Doch es ist nicht immer einfach, genügend Zeit für dieses besondere Programm zu finden, die Schule geht natürlich vor", so Emi. "Trotzdem erarbeiten wir gemeinsam mit den Schulkindern jedes Jahr mindestens fünf verschiedene Theaterstücke", ergänzt sie. In sechs Regionen Bangladeschs arbeitet die Menschenrechtsorganisation Ain-O-Shalish-Kendro mit Schulen zusammen. In jeweils drei Schulen einer Region wurden so genannte "Schul-Theater-Teams" gegründet. Die Mitarbeiter der Organisation betreuen die Schulen und Gruppen bei ihren Besuchen in den Regionen. Darüber hinaus ist jeweils ein Lehrer vor Ort für die Koordination der Teams verantwortlich.
Zusätzlich veranstaltet die Menschenrechtsorganisation auch einwöchige Trainings, bei denen ausgewählte Schulkinder aus allen verschiedenen Gruppen zusammen kommen und zu Gruppenleitern ausgebildet werden. Sie können dann zum einen ihre Gruppe bei den Trainings gezielt unterstützen, zum anderen entsteht so auch eine Art Netzwerk zwischen den Schul-Theater-Teams.

Für unseren heutigen Theaterworkshop wurden insgesamt vierundzwanzig Schülerinnen und Schüler aus drei unterschiedlichen Schulen ausgesucht. Es ist neu für die Kinder in einer Gruppe zu lernen, der Mädchen wie Jungen angehören. Doch das Eis ist schnell gebrochen, nach ein paar lustigen Kennen lern- und Auflockerungsspielen verlieren die Kinder ihre Schüchternheit und Berührungsangst.

Noch am ersten Tag stellen wir das diesmalige Thema "Kinder-Ehen" vor. Eine Umfrage ergibt, dass zwanzig der Schüler selbst betroffene Kinder kennen, entweder aus ihrer eigenen Familie, der Nachbarschaft oder dem Freundeskreis. Weil die Familien arm sind, werden die Mädchen früh verheiratet, manchmal bereits im Alter von 12, 13 Jahren, oft an wesentlich ältere Männer. So ist wenigstens ein Esser weniger im Haus, denken deren Eltern. Doch nicht selten werden die Mädchen in ihrem neuen Zuhause psychisch und körperlich misshandelt. Dass "Kinder-Ehen" nach dem Gesetz verboten sind und bestraft werden, weiß nicht jeder, besonders nicht die Menschen, die in ländlichen Gebieten Bangladeschs leben. Viele von ihnen können weder lesen noch schreiben, fast niemand hat ein Radio oder Fernseher. Sie haben somit nicht die Möglichkeit sich selbstständig über ihre Rechte zu informieren. Hier besteht also enormer Aufklärungsbedarf.

Im Theaterworkshop tauschen wir Erfahrungen aus, sprechen mit den Kindern über die Gründe und Folgen der Frühehen. Wir klären sie über die Gesetze auf und beraten mit ihnen gemeinsam, wie man etwas daran ändern kann. Später werden sie das Besprochene ihren Freunden, den Eltern oder Nachbarn erzählen und so ein wenig von dem neu gewonnenen Wissen weiter geben.

Die Motivation der Kinder reißt mich jedes Mal mit. Die Arbeit mit ihnen ist mir sehr ans Herz gewachsen. Sie lassen ihrer Phantasie freien Lauf, entwickeln selbständig eine Geschichte, improvisieren Dialoge oder basteln sogar ihre eigenen Kostüme.

Am Ende des dritten Tages präsentiert das Team vor den Mitschülern und Lehrern stolz die Früchte der Arbeit, es folgt tosender Beifall des Publikums. Unermüdlich haben die Schülerinnen und Schüler fleißig geprobt und das besprochene Gesellschaftsproblem in ein bühnenreifes Stück verwandelt. Emi und ich leisteten lediglich Hilfe bei der Dramaturgie, hinterfragten gemeinsam mit den Kindern die Logik der Charaktere und die Handlung oder gaben ihnen Rückmeldung zur szenischen und schauspielerischen Darstellung ihrer Geschichte. Nach drei Tagen gehen die Schüler zufrieden und mit vielen neuen Erfahrungen nach Hause. Davon habe ich mich in den letzten elf Monaten meiner Arbeit bei der Menschenrechtsorganisation Ain-O-Shalish-Kendro überzeugen lassen.

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