"Ranbe ar Kanbe - Du wirst Kochen und Weinen"
Ich war jetzt insgesamt sechsmal für einen Zeitraum von jeweils etwas mehr als einer Woche in Mohanganj, einem Ort im Norden des Landes. Über das von NETZ geförderte Projekt "Ein Leben lang genug Reis" hatte ich die Möglichkeit, einer Gruppe extreme armer Frauen näher zu kommen. Zusammen mit Bela drehe ich eine Dokumentarfilm über diese Frauen mit dem Titel "Ranbe ar Kanbe - Du wirst Kochen und Weinen".
In den Dörfern die wir besucht haben, war bis jetzt vielleicht noch nie ein Weißer und wenn, dann nur kurze Zeit. Für die Meschen ist unser Besuch ungewöhnlich und daher aufregend. Dazu kommt die Exotik unserer Kamera. Diese zieht noch mehr Publikum an und lässt es auch länger bleiben.
Nach einer Eingewöhnungsphase, in der jeder uns die Frage stellte, aus welchen Land wir kommen, was wir hier in Bangladesch machen, wie wir heißen und welcher Religion wir angehören, beginnen wir dann langsam zu filmen: erst einmal die Landschaft, das Dorf , bis wir uns schließlich den Menschen mit unserer Kamera nähern.
Es ist sinnvoller sechs Stunden am Stück in einem Dorf zu bleiben, statt es drei Mal für jeweils nur zwei Stunden zu besuchen. Erst wenn die Männer sich vom Schauplatz entfernen, weil sie irgendwann zur Arbeit müssen, genauso die Frauen, hat man die Ruhe, die man sich als Filmer wünscht.
Interessant hingegen war, dass die Frauen in der Gesellschaft des ganzen Dorfes teilweise offener waren, als wenn wir versuchten, sie isoliert zu interviewen. Vermutlich liegt es daran, dass sie ihr ganzes Leben im Dorf verbracht haben und in der Gemeinschaft Geborgenheit und Schutz finden. Doch auch in der Gemeinschaft gibt es Tabuthemen. Alles was mit Religion, Sex, Gleichberechtigung und Politik zu tun hat, ist mit Vorsicht zu erfragen. Man stößt auch sicherlich in diesen Bereichen auf Offenheit, kann aber bei gewissen Fragen auch schnell ins Fettnäpfchen treten.
Umso mehr war ich erstaunt als uns Roguna, eine der Frauen, die wir in unserem Film vorstellen, uns offen sagte, dass sie uns nicht aus dem Koran vorlesen kann, da sie sich in ihrer Menstruationszeit befindet und deswegen das heilige Buch nicht berühren darf. Sie gilt in dieser Zeit als unrein. Vorher hatte sie uns berichtet, dass sie täglich im Koran liest, auch wenn sie Arabisch nicht versteht, einfach um zu beten. Zu unserer Freude sagte sie aber für die Kamera ihre Lieblingsstelle auswendig auf.
Durch den relativ langen Zeitraum, den ich bei diesen Frauen innerhalb der letzten zwei Monate verbracht habe, war es mir möglich, zwei dieser Frauen sogar auf einer freundschaftlichen Ebene zu begegnen.