Ich liebe dich, ich liebe dich nicht, ich liebe...
... dich. Aber ist eigentlich völlig egal, denn ich heirate sowieso bald einen anderen.
Wenn ich an diesem Land etwas absolut unverständlich finde, dann ist es das Heiratssystem. So schwierig - oder verblüffend einfach.
Zurück zum Ausgangspunkt meiner Gedanken. Ich bin auf die Idee gekommen, diesen Beitrag zu schreiben, weil ich dieses Gesellschaftssystem manchmal so unverständlich finde. Nehmen wir einmal an, es gibt eine Frau und einen Mann, die sich gern haben und manchmal treffen - und wir wissen ja, wie das weiter geht. (Nebenbei gesagt ist für diese Frau bei "sich treffen" übrigens Schluss. Händchenhalten oder gar Küssen will sie vor der Heirat nicht. Auch nicht mit einem Mann, den sie liebt.)
Gesellschaftlich sind sie beide jedenfalls gut gestellt, moralisch völlig in Ordnung. Geld ist genug vorhanden. Beide sind selbst für deutsche Verhältnisse im Heiratsalter. Wenn jetzt beide Familien sowieso drängen, bald zu heiraten, könnte man ja annehmen, dass die zwei ein gutes Paar wären.
Sind sie ja auch. Wenn da nicht das große ABER wäre. Dieses ABER lautet: er ist Christ während sie Hindu ist. Schrecklich. Absolut unverzeihlich da auch nur ans Heiraten zu denken. Die Zwei müssen also ihre heimliche Freundschaft weiterführen und parallel wird von ihren Familien geplant, sie zu verheiraten. Sie mit einem Lehrer, den sie noch nie gesehen hat. Ich kenne diesen Lehrer ja nicht, er wohnt obendrein weit entfernt. Aber es hört sich für mich so an, als will da jemand ein hübsches, junges Mädchen, das eigentlich etwas Besseres verdient hätte.
Man könnte ja raten: dann muss man sich halt gegen die Familie auflehnen, wenn es nicht anders geht, man aber glücklich werden will. Denn die Familie wird nie akzeptieren, dass die gesellschaftlichen Grenzen zwischen den Religionen übertreten werden. Und wenn es die Familie oder einzelne Familienmitglieder akzeptieren könnten, die anderen würden es nicht. Die "Gesellschaft", die vielen, vielen anderen Leuten in den Dörfern, die wieder Verwandte in anderen Dörfern haben und wieder Leute kennen und alle zusammen das Reden über diese Familie beginnen würden. Und diese Schmach, diese Schande, der Tratsch und seine Auswirkungen eben machen Akzeptanz unmöglich.
Also müsste sie mit der Familie brechen. Im wahrsten Sinne des Wortes. Mit der Familie, die sie groß gezogen hat. Mit der Familie, die in Bangladesch Alles bedeutet. Mit der Familie, die ihr Sicherheit bietet. Mit dem kleinen Bruder, den sie dann so bald nicht wieder sehen würde. Mit dem großen Bruder, der ihr mit viel Not das Studium finanziert hat, der sie immer unterstützt hat. Mit der Mutter, zu der man sie so gutes Verhältnis hat, die Stolz auf sie ist. All diese Menschen müsste sie enttäuschen, um einen Mann zu heiraten, den sie liebt. Mit dem sie aber nicht ausprobieren kann, zusammen zu leben...
Und letztendlich fällt die Entscheidung dann, so traurig sie ist. Und sie fügt sich in die Zwänge der Gesellschaft. Heiratet den Mann, der äußerlich so gut passt. Wird eine gute Mutter und Hausfrau. Hofft, dass der Mann sie mitreden lässt, wenn es zum Beispiel um die Erziehung der Kinder geht. Dass er sie selbst anständig behandelt.
Jedenfalls bei einem Punkt wird sie hart bleiben. Mitgift zahlt sie nicht. Für niemanden. Denn verkaufen lassen will sie sich auf keinen Fall. Und da hat sie auch allen Grund dazu.
Nun muss ich natürlich noch anmerken, dass: diese nur ein einzelner Fall ist, den ich erlebt habe und daher stark von meinen persönlichen Eindrücken gefärbt ist; es in Bangladesch, wenn auch in geringer Fallzahl sehr wohl interreligiöse Ehen gibt, Liebende, welche die Konflikte auf sich genommen haben; sich die bangladeschische Gesellschaft im Wandel befindet und langsam aber sicher mehr Akzeptanz und Toleranz durchsetzt.
Hoffentlich zumindest, so finde ich.