Für mich ein Graus: Eid-ul-Azha
Am 9. Januar bekamen wir eine neue Mitbewohnerin, sie schlief auf dem Steinfussboden und freute sich wenig an ihrer Henkersmahlzeit. Zwei Tage später wurde unserer Kuh feierlich die Kehle durchgeschnitten und alle waren glücklich. Mir war schlecht.
"Nimmermehr erreicht ihr (das der Tiere) Fleisch und ihr Blut Allah, jedoch erreicht ihn eure Frömmigkeit. Also hat er sie euch dienstbar gemacht, auf dass ihr Allah dafür preiset, dass er euch leitete; und verkündige Freude den Rechtschaffenen." (Koran, 22. Sure, Vers 38)
Das Opferfest Eid-ul-Adha, das die Pilgerfahrt nach Mekka abschließt, erinnert an Abrahams Opferbereitschaft. Allah befahl ihm seinen eigenen Sohn zu opfern, also machte er sich auf zum dem Platz in Jerusalem, auf dem heute der Felsendom steht. Auf dem Weg erschien ihm ein Teufel, der ihn in Versuchung führte, aber Abraham blieb standhaft. Das Messer, mit dem er Ismaels Kehle durchschneiden wollte, war jedoch stumpf. Er wetzte es an einem Stein - noch immer war kein Kratzer an Ismaels Hals zu sehen. Sein Sohn sagte ihm, er solle seine Augen schließen und es erneut versuchen. Als Abraham es nun mit geschlossenen Augen probierte, schnitt sein Messer, aber Allah hatte einen Widder an Ismaels Statt auf den Stein gelegt. Abraham hatte seinen Glauben vor Allah bewiesen. So ist die Geschichte, wie sie mir ein Moslem geschildert hat, im Alten Testament steht sie etwas anders.
Jeder Muslim, der es sich leisten kann, soll zu diesem dreitägigen Fest eine Kuh, einen Büffel, eine Ziege oder ein anderes Tier schlachten, um Allah zu zeigen, dass er sich von etwas ihm Wertvollen trennen kann. Damit beweist er seinen Glauben. Es geht demnach nicht darum, sich bei der Schächtung von Sünden zu befreien, was oft fälschlicherweise geschrieben wird. Das Fleisch soll dann in drei Teilen an die eigene Familie, die Nachbarn und die Armen vergeben werden.
Ich empfand diese Veranstaltung als Tierquälerei und noch dazu als völlig unsinnig. Kühe werden in Bangladesch für die Landwirtschaft benötigt und es gibt schon einen Mangel an Kühen. Sehr viele werden deshalb aus Indien importiert, wo die Leute anscheinend froh sind, ihre heiligen Tiere endlich loszuwerden. Das viele Fleisch, das an dem einen Tag gegessen wird, sind die Menschen nicht gewohnt und sie bekommen reihenweise Magenschmerzen. Die Medizin gegen Magenschmerzen kommt größtenteils aus Indien. Haben die Inder für das Schlachtfest womöglich nachträglich den Koran verändert?
Vor unserem Haus färbte sich die Straße morgens um neun Uhr rot. Alle zehn Meter (keine Übertreibung!) wurde ein neues Opfer dargebracht. Die Koranschüler, die sich damit jedes Jahr ein nettes Taschengeld verdienen, wanderten mit ihrem Messer von Kuh zu Ziege und schnitten ihnen die Kehle durch. Manchmal klappte es nicht richtig und die Kuh röchelte noch ziemlich lange, so wie unsere Gute, die sehr tapfer und widerstandsfähig war. Hat ihr nicht geholfen.
Selbst gebildete, liberale Bangladeschis erzählen uns, sie könnten sich dem Druck der Familie und der Gesellschaft nicht entziehen und müssen eine Kuh kaufen, wenn sie es sich leisten können. In Deutschland wäre die Hölle los, würden auf offener Straße Tiere geschlachtet werden. Hier war es ein Fest für alle, eine Hingabe an Gott: Die Kinder standen in Blutlachen und halfen Innereien aus dem Bauch der Kuh zu ziehen, der Vater entleerte derweil den Darm.
Das alles könnte ich noch als normalen Umgang mit der Natur und damit den Tieren akzeptieren. Schließlich wurden auch in Deutschland vor nicht allzu langer Zeit die Tiere noch eigenhändig getötet und ausgenommen. Und schließlich bin ich auch keine Vegetarierin, sollte mir also auch nicht einreden, das Fleisch käme aus der Tiefkühltruhe. Aber worum es mir geht, ist die quälende Schächtung, welche die Tiere durchleben müssen, sie bluten langsam aus. Und die Frage nach der Notwendigkeit, ob Allah Tiere leiden sehen muss, um sich des Glaubens der Menschen gewiss zu sein.