Ein Tag Köchin in Bangladesch
Morgens um sechs Uhr wache ich auf und das erste was ich höre, ist das Geräusch eines Besens, der schwungvoll hin und her geschwungen wird. Ich versuche wieder einzuschlafen, da Frühstückszeit erst um halb neun ist, doch ich bin zu neugierig. Wer ist denn zu dieser frühen Stunde schon auf den Beinen und kehrt den Hof? Als ich aus dem Fenster sehe entdecke ich meine Köchin. Da überkommt mich ein Gedanke: Ich möchte einen Tag so leben wie sie.
So stehe ich also an meinem einzigen freien Tag in der Woche morgens um halb sechs auf, dusche, zieh mich an und lauf in die Küche wo Mojiron schon auf mich wartet. Sie drückt mir einen Besen in die Hand bittet mich den Hof zu kehren, den Müll aufzusammeln und dann möglichst schnell zurück zu kommen, damit wir mit den Vorbereitungen fürs Frühstück beginnen können. Müll aufsammeln ist leicht, doch der Besen ist eine Herausforderung, da er nur halb so lang ist wie gewohnt und ich so die ganze Zeit in gebückter Haltung fegen muss.
Nach fast 30 Minuten sieht der Hof halbwegs akzeptabel aus und ich mache mich auf in die Küche. Hier gibt es eine kleine Feuerstelle auf die genau ein Topf passt, und auf dieser köchelt auch schon der Reis für das Frühstück vor sich hin. Ich setze mich neben Mojiron auf den Boden und schaue ihr zu, wie sie hunderte von kleinen Fischen zerkleinert. Ich beginne die Kartoffeln zu schälen und in Würfel zu schneiden, was gar nicht so einfach ist, da ich ein Messer benutzen muss das auf dem Boden steht. Statt das Messer zu bewegen, um etwas zu zerkleinern, muss ich die Kartoffel bewegen und dabei aufpassen, dass ich nicht meinen eigenen Finger zerkleinere.
Die nächste Hürde, die zu bewältigen ist, ist die eine kleine Feuerstelle. Mojiron erzählt mir, das sie dringend eine zweite Feuerstelle braucht, doch leider sei kein Platz in der Küche und so müsse sie halt alles auf der einen Feuerstelle kochen.
Drei Mitarbeiter von USS und ich verlangen jeden morgen nach Frühstück. Für meine Kollegengibt es Reis, Fisch und Gemüse; für mich selbstgebackene Teigfladen, Obst und gebratene Kartoffeln. Fünf verschieden Gerichte müssen wir also an diesem Morgen kochen und schnell wird mir klar, das ich mir die Dusche am morgen hätte sparen können. Innerhalb von zehn Minuten bin ich vollkommen durchgeschwitzt. Aber pünktlich um halb neun ist alles fertig.
Nach dem Frühstück kehre ich in die Küche zurück, Mojiron breitet jede Menge Gemüse auf dem Boden aus und zeigt mir was ich damit machen muss. Heute Mittag kommen drei wichtige Gäste, daher müssen wir sehr viele verschiedene Gerichte kochen. Hastig machen wir uns an die Arbeit. Nachdem ich das Gemüse geschält und geschnitten habe, drückt mit Mojiron einen großen flachen und eine kleinen quaderförmigen Stein in die Hand, legt mehre verschiedene Tüten mit Gewürzen auf den Boden und bittet mich diese zu zerkleinern. Sie verlässt die Küche und bringt jedem Mitarbeiter eine Tasse Tee und ein paar Kekse. Kaum ist sie damit fertig, läuft sie wieder los, um die Teetassen einzusammeln. Da ich mir leider sehr schwer tue mit dem Gewürze zerkleinern, bittet sie mich das dreckige Geschirr zu spülen.
Um 14 Uhr sind elf verschiedene Gerichte fertig. Der Reis zählt jedoch nicht als einzelnes Gericht. Den restlichen Tag verbringe ich damit Geschirr zu spülen, Betten zu beziehen, Wäsche zu waschen, Tee zu kochen und den kleinen Garten, der zum Büro-Gebäude gehört, zu jäten. Als ich abends völlig erschöpft ins Bett falle, bin ich sehr froh darüber, das ich am nächsten morgen wieder ich selbst sein werde und keine bengalische Köchin.