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Du bist ein Bhai!

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„Auf den Straßen nach Joypurhat ist morgen Streik, schaffst du es in der nächsten halben Stunde deinen Koffer zupacken und mit dem Nachtbus nach Joypurhat aufzubrechen?“ Kaum eine halbe Stunde später, ich hatte es gerade geschafft den vollgestopften Koffer zuzubekommen, steht mein Mentor Elius, mein Ansprechpartner während des Freiwilligendienstes, vor der Tür der Freiwilligenwohnung in Dhaka. Mit einem turbulenten Start beginnt also meine Reise zu meiner Partner-NGO Ashrai in Joypurhat.

Joypurhat ist eine kleine Stadt im Nordwesten des Landes und befindet sich in der Rajshahi Division. Eine der sieben Divisionen Bangladeschs, welche Barisal, Khulna, Chittagong, Dhaka, Sylhet, Rangpur und Rajshahi umfassen. Beim ersten Treffen mit meinen neuen Kollegen am folgenden Tag stelle ich meine Person bei Tee und Keksen vor. Ich tue dies auf Bengali, was alle sehr überrascht und gleichzeitig freut. Nach einer kurzen Zeit steht auch schon mein Plan für die komplette nächste Woche fest, welcher Schulbesuche und Dorfbesuche im Projekt „Ein Leben lang genug Reis“ beinhaltet.

Um neun Uhr geht es los zu meinem ersten Schulbesuch. Mit dem Motorrad fahren wir über enge Landstraßen, an Zuckerrohrfeldern und sattgrünen Reisfeldern vorbei, die in der frühen Mittagssonne zu strahlen scheinen. An den Straßenrändern grasen Kühe und Ziegen und des Öfteren müssen wir einer mit Bananen vollgepackten Transportrikscha ausweichen, die sich langsam in Richtung Stadt bewegt. Große Schlaglöcher in der Straße zwingen uns immer wieder die Geschwindigkeit zu drosseln und erlauben mir so viele Fotos von dem unglaublichen Panorama zu schießen. Die idyllische Landschaft ist durchzogen von kleinen Dörfern und Teebuden, die entlang der Straßen zu einer kurzen Rast einladen.

Der Tee wird in großen Kannen über einem Lehmofen gebrüht. Besonders der schwarze Tee mit ganz viel Zucker und einem Stück Ingwer schmeckt mir sehr gut. Man unterhält sich über Alltägliches oder kommt einfach mal für einen Moment zur Ruhe.

Die Schule befindet sich in dem kleinen Dorf Dohodpur, westlich von Joypurhat, in einem Lehmhaus am Rande eines kleinen Teiches. Am Eingang steht eine Kuh die das treiben der Kinder zu beobachten scheint. Wir betreten die Schule und begrüßen die Lehrerin und Kinder. Wieder stelle ich mich auf Bengali vor. Die Kinder verstehen mich und fangen an Fragen zu stellen: „Wie sieht es aus in Deutschland?“, „Was isst man in Deutschland?“ oder auch “Warum bist du hier?“. Es folgen viel Gesang und Tänze, welche die Kinder im Unterricht gelernt haben. Lieder wie „Amar Sonar Bangla“, die Nationalhymne Bangladeschs, werden lauthals und mit großem Spaß gesungen und von der Lehrerin mit wohlwollen beobachtet.

In einer längeren Pause komme ich mit der Lehrerin und anderen Dorfbewohnern, welche sich neugierig um die Schule versammeln, ins Gespräch. Ich erzähle ihnen, dass mein Vater aus Bangladesch kommt und ich somit Wurzeln hier habe. Sofort kommen die sehr üblichen Fragen: „Woher aus Bangladesch kommt deine Familie?“ Warst du schon dort?” Ich zeige Fotos von meiner Familie und Deutschland und es kommen auch die etwas Schüchternen, die das Geschehen zuvor aus der Distanz beobachteten dazu. Es entsteht ein interessantes Gespräch und ich erfahre viel über das Leben in Dohodpur. Die Lehrerin der Schule lädt mich zu ihr nach Hause. Dort gibt es Tee und ich werde Ehemann und Tochter vorgestellt.

Jemand sagt später: „Du trägst bengalisches Blut in dir. Damit bist du auch ein Bangladeschi, ein ‚Bhai‘“– das bedeutet auf Bengali Bruder.

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