"Bloody-Eid"
Geübt erfolgt der Todesschnitt quer zur Halsschlagader. Der Kopf klappt zur Seite und das Tier blutet aus. Fein säuberlich wird die Haut der Kuh abgetrennt und dann nach und nach die einzelnen Fleischpartien. Auf Bananenblättern werden die Fleischsorten separiert und anschließend in mundgerechte Stücke gehackt. Fast alles wird verwertet. Besonders schmackhaft soll Magen sein, wie mir erklärt wird. Das unverdaute Gras würde man vorher aber entfernen. Es ist der 1. Januar 2007 und ich sitze in dem kleinen Dorf Bolehor im westlichen Teil Bangladeschs. Mir ist leicht übel. Die Familie eines Freundes hat mich eingeladen das muslimische Eid ur-Azha, auch "Bloody-Eid" genannt, gemeinsam mit ihnen zu begehen.
An diesem Tag gedenken Muslime in der ganzen Welt dem Propheten Ibrahim, der Allahs Probe bestand und bereit war, das, was ihm am liebsten war, seinen Sohn Ismail, zu opfern. Als Allah seine Bereitschaft und sein Gottvertrauen sah, gebot dieser Einhalt und Ibrahim opferte daraufhin im Kreis von Freunden und Armen einen Widder.
Der Tag begann mit einem speziellen einstündigen Gebet aller Männer im Dorf vor der Moschee. Jeder kleidet sich an diesem Tag in reiche Kleider und putzt sich raus. So sollte auch ich mir ein traditionelles langes Hemd aus Leinen, einen Panjabi anziehen. Kurz nach dem Gebet begannen die Schlachtungen im Dorf. Jede Familie, die es sich leisten kann, schächtet eine Kuh oder Ziege, und vergibt ein Drittel an die Armen im Dorf und ein Drittel an Verwandte. Während die Kuh geschächtet wird, isst die Familie, bei der ich eingeladen bin, in der Nähe davon sehr viel - Süßigkeiten hauptsächlich. Ich bringe keinen Bissen hinunter. Es wird gelacht und diskutiert. Immer wieder kommen Bedürftige und bitten um eine Gabe. Jeder bekommt etwas Geld oder Kleider. "Für einen guten Muslimen ist es völlig selbstverständlich, an diesem Tag etwas zu geben. Es ist unsere Pflicht, 10 Prozent des Jahreseinkommens an die Armen abzugeben." Da das aber immer mehr Muslime im mehrheitlich muslimischen Land nicht als selbstverständlich empfinden, funktioniert dieser Sozialtransfer, der die Ungleichheit innerhalb der Gesellschaft ausgleichen soll, immer schlechter. Auch das wird mir erklärt, während die Kuh immer weiter zerlegt wird.