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Auf dem Dreirad durch Bangladesch

Eines der vielen Verkehrsmittel, mit denen man sich in Bangladesch fortbewegen lassen kann, sind die Fahrrad-Rikschas. Kalkutta wurde in der vorletzten Spiegelausgabe von 2005 mit 15.000 Rikschas als die Rikscha-Hauptstadt der Welt bezeichnet. Nachdem ich nun selbst in Kalkutta war, muss ich sagen, dass dies falsch ist. In Dhaka, der Hauptstadt von Bangladesch, und wohl auch in den nächst größeren bangladeschischen Städten wie Chittagong, Rajshahi und Khulna, gibt es wesentlich mehr Rikschas, als ich in Kalkutta sehen konnte. Dem Reiseführer Lonely Planet zufolge soll es allein in Dhaka 500.000 Rikschas geben! Da ich nahezu jeden Tag auf einer Rikscha unterwegs bin, möchte ich in diesem Artikel einmal über das Fahren mit einer Rikscha schreiben.

Was die Kosten für kurze Strecken von vielleicht ein bis zwei Kilometern betrifft, sind Rikschas einfach unschlagbar billig. Eine meiner erstaunlichsten Erfahrungen diesbezüglich ist, dass es keine Rolle spielt, ob der Fahrer eine oder mehrere Personen zieht. Der Preis verändert sich nicht. Die Höchstzahl an Fahrgästen, die ich jemals auf einer Rikscha gesehen habe, waren sieben Personen. Es gibt allerdings immer wieder Diskussionen unter uns Ausländern, ob wir mehr zahlen sollten als die Einheimischen, oder ob dies nur dazu führt, dass man die Preise verdirbt. Ich persönlich versuche mich immer an dem normalen Preis zu orientieren, wenn möglich, gebe aber immer einige Taka Trinkgeld, in Bangladesch sagt man dazu Bakshish. Angesichts der Tatsache, dass die Rikscha-Fahrer in der Regel zum armen Teil der Bevölkerung gehören, versuche ich meinen Ärger stets im Zaum zu halten, wenn sie mal wieder den doppelten Preis verlangen, nur weil ich Ausländer bin. Ihr ohnehin schweres Leben wird zudem noch dadurch erschwert, dass sie in den größeren Städten, vor allem aber in Dhaka, auf vielen der wichtigen und verstopften Hauptstraßen nicht mehr fahren dürfen. Ich habe mich inzwischen von nahezu allen Altersklassen, zwischen 11 und 65 fahren lassen. Am Anfang war ich noch gehemmt, jemanden körperlich für mich schuften zu lassen, aber dann wurde mir schnell klar, dass er mein Geld zum Leben benötigt und ich ihm schade, wenn ich lieber zu Fuß gehen würde.

Es ist immer wieder bewundernswert, wie die Rikscha-Fahrer den chaotischen Verkehr meistern. Dazu muss ich erwähnen, dass auf den Straßen Bangladeschs das Recht des Stärkeren herrscht. Zuerst haben die großen Busse und LKWs Vorfahrt, dann die Pkws und Motorräder und erst am Ende die Rikschas. Zu meinem großen Erstaunen gibt es wenige Unfälle, wenn ich die Zahl der Verkehrsteilnehmer mit der Zahl der Unfälle vergleiche. Ich selbst saß einmal auf einer Rikscha, als diese mit einer anderen zusammengestoßen ist. Ich konnte gerade noch in dem Moment abspringen, als ihre Achse brach. Die Kunst der Rikscha-Fahrer besteht eben darin, selbst auch ziemlich rücksichtslos zu fahren und im letzten Moment meist noch eine Lücke zu finden, in die sie ausweichen können, bevor es zu einem Unfall kommen kann.

Was für die motorisierten Fahrzeugen die Hupe, ist bei den Rikschas die Klingel. Gerade in kleineren Städten wie Rajshahi, wo es wenig Autos gibt, ist das Klingelkonzert der Rikscha-Fahrer auch in den Gebäuden unüberhörbar.

Die Rikschas sind sehr schwer und auch ohne Fahrgäste nur unter hohen Anstrengungen längere Strecken zu fahren. Dies ist wohl einer der Gründe, warum ich bislang noch keinen übergewichtigen Rikscha-Fahrer gesehen habe. Manchmal frage ich mich im Ernst, wie der eine oder andere von ihnen wohl bei einem professionellen Radrennen wie der Tour de France abschneiden würde. Ihre Körper sind ziemlich durchtrainiert und sie sind es gewohnt bei großer Hitze und Regen zu fahren.

Fährt man als Ausländer mit einer Rikscha ist es unbedingt erforderlich den Weg sowie einige Wörter zur Richtungsanweisung auf Bengalisch zu kennen. Da die Fahrer Geld verdienen wollen, sagen sie zunächst einmal, dass sie den Weg kennen, was leider nicht immer stimmt. Kennen sie den Weg nicht und man gibt ihnen keine Anweisung, dann fahren sie solange geradeaus, bis die nächste Anweisung kommt. Dies kann schnell dazu führen, dass man sich woanders wiederfindet als man eigentlich vorhatte.

Die meist kunstvoll verzierten Rikschas sind vor allem bei Hochwasser besonders praktisch. Während meines ersten Aufenthalts in Bangladesch im Jahr 2004 lernte ich die Vorzüge einer Rikscha kennen, wenn es darum ging durch die teilweise überflutete Metropole Dhaka zu fahren. Man sitzt ca. einen Meter hoch und bei Regen wird einfach das Verdeck geschlossen und man bekommt eine Plastikplane über die Beine gelegt. An Stellen, wo die tieferliegenden Autos bei Hochwasser häufig streiken müssen, können die Rikschas meist noch fahren. Ein weiterer Vorteil der Rikschas ist, dass man wesentlich mehr von der Umgebung zu sehen bekommt und häufig mittendrin im Geschehen ist.

Die in den Städten üblichen Rikschas mit Sitz und verziertem Verdeck, sind im ländlichen Gebiet um Rajshahi eher selten zu sehen. Dort kann man mit Rikschas fahren, die von den Bangladeschis Bhan genannt werden. Die Fahrräder sind genau wie die Rikschas in der Stadt gebaut, haben jedoch anstelle des Sitzes einfach nur eine flache Ladefläche, auf die man sich setzen kann. Ich persönlich ziehe diese Form der Rikschas vor, da man sich auf den Rand setzen und die Beine von der Rikscha baumeln lassen kann.

Auch wenn das viele Fahren mit der Rikscha dazu führt, dass die eigene körperliche Bewegung in Bangladesch auf ein Minimum reduziert wird, so möchte ich die Stunden, die ich bislang auf ihnen verbringen durfte, nicht missen. Bangladesch zu besuchen ohne auf einer Rikscha gefahren zu sein, ist als ob man in Paris war ohne den Eiffelturm gesehen zu haben. Einfach undenkbar.

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