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Armut

Bis jetzt habe ich noch nicht den Mut aufgebracht, über dieses Thema zu schreiben. Armut ist hier in Dhaka allgegenwärtig, klar! Kaum hat man den einen Bettler schweren Herzens abgewiesen, strecken einem schon zwei neue ihre Arme entgegen.

Ich war entsetzt über mich selbst, als ich anfing, verkrüppelte Leute "zu übersehen". Ich finde es scheinheilig, sich über die Bettler aufzuregen und gleichzeitig genug Kohle zu haben um mit dem Taxi zu fahren, sich einfach so Obst zu kaufen oder eine neue Hose. Doch kann ich das Leid beenden, wenn ich dem bettelnden Kind zehn Taka gebe? Wenn das Geld nicht bei Schutzgeld-Banden landet, dann hat das Kind heute vielleicht etwas zu essen, hungert morgen aber genauso wie gestern. Vielleicht ist das eine blödsinnige Argumentation. Aber irgendwie fließt das Leben in Dhaka immer weiter. Man sieht viele Bettler tagein tagaus an ihren Stammplätzen sitzen und keiner von ihnen scheint trotz schwerster Behinderungen, Abmagerungen oder Entstellungen akut gefährdet zu sein, da er unverändert jeden Tag wieder am selben Platz sitzt. Vielleicht ist es auch das Verhalten der anderen Menschen, die zu tausenden achtlos vorbeiströmen, was in mir diesen Gedanken entstehen lässt. Es herrscht keine "Notfallstimmung"! Wenn da einer mehr vorbeiströmt, macht es auch keinen Unterschied.

...mittlerweile war ich eine Woche auf dem Land, das Bild meiner Armutswahrnehmung hat sich erweitert:

In Netrakona fährt man über die Deichstraßen und bewundert die Schönheit, Fruchtbarkeit und den Artenreichtum dieses Landes. Die Leute sind unglaublich und aufrichtig freundlich, laden dich zum Essen ein und reden gerne mit dir. Du kannst dir nicht vorstellen, dass in einer solchen Umgebung Hunger herrscht. Die Leute haben nicht viel, okay. Aber sie sind fröhlich und offen. An den Wegrändern weiden Ziegen und Kühe, die Reisfelder wiegen sich im Wind. Und in der Zeitung liest du, dass eine stille Hungersnot das Land heimsucht, ein großer Teil der Ernte bei der Überschwemmung vernichtet wurde und der übrige Reis früher geerntet werden muss, um weitere Schäden zu verhindern. Plötzlich bemerkst du, dass die Kühe oft bis auf die Rippen abgemagert sind, manch ein Kind in der besuchten Schule hungrig auf das dir dort servierte Essen schielt und der Reis mancherorts großflächig umgeknickt ist.

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