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Abenteuer Busfahren

Wir, eine achtköpfigen Gruppe, machen uns auf den Weg zum New-Market. Einige Straßen von unserer Wohnung entfernt liegt die Mirpur Road, eine Hauptverkehrsstraße. Schon als wir aus dem Hauseingang kommen, erregen wir Aufmerksamkeit, und jetzt bekomme ich zu spüren, wie es ist, Ausländer zu sein. Auf Schritt und Tritt werden wir von Blicken, Rufen und öfter auch von Bangladeschis verfolgt. An der Hauptstraße angekommen, versuchen wir diese zu überqueren. Zwei dreispurige Fahrstreifen, die jeweils fünfspurig genutzt werden, sind voll mit Bussen, Autos, Taxis, Motorrad-Taxis und Rikschas, unübersichtlich und laut. Die Fahrzeuge überholen sich gegenseitig links und rechts, drücken sich in alle vorhandenen Lücken und schießen an uns vorbei, während wir versuchen uns durch die Lücken im Verkehr auf die andere Seite der Straße zu kämpfen. Kommt ein Fahrzeug auf einen zugefahren, hält man ihm abwehrend die Hand entgegen und läuft weiter, um nicht über den Haufen gefahren zu werden. An der Bushaltestelle angekommen, versammeln sich einige gaffende Leute um uns. Manche, die Englisch sprechen, fangen Gespräche an, "Your Country? ... Jeermaniii!! ... Good Country. Hitler good!!" Da die meisten dieser Gesprächspartner nicht sehr viel Ahnung von Jeermaniii haben, nehmen sie an, uns einen Gefallen damit zu tun, Hitler zu loben. Ich nehme es keinem übel - doch ich diskutiere auch nicht mit jedem, da ich hier mehrere Male am Tag angesprochen werde.

In den Bus zu steigen ist ein Akt für sich. Der Bus kommt vorbeigefahren und ein Mann, der in der Tür des Busses hängt, brüllt kräftig, um Fahrgäste zu gewinnen. Da von hinten alles drängt, hält der Bus erst gar nicht richtig an und man muss während der Fahrt aufspringen, was mit acht Leuten nicht gerade leicht ist. Doch da wir ja alle weiß sind, haben wir den Ausländerbonus, der den brüllenden Mann dazu bringt, heftig von außen gegen den Bus zu schlagen und "Aste! Aste!" zu brüllen, was soviel wie langsam heißt und dem Busfahrer das Zeichen gibt, nicht allzu schnell zu fahren. Das Geld wird während der Fahrt vom selben Mann eingesammelt, und wir werden von anderen Fahrgästen freundlich darauf hingewiesen, dass wir mehr Wechselgeld bekommen, da eine Fahrkarte nicht, wie der Busgeldeinsammler behauptet, vier, sondern nur drei Taka kostet…

Durch Dhaka zu fahren ist ein Erlebnis. Abgesehen davon, dass wir ständig angestarrt und angequatscht werden, winken, lachen und rufen uns auch die Fahrgäste anderer Verkehrsmittel immer wieder zu. Hierbei muss man sagen, dass sie durch das Fahrverhalten in diesem Land alle Möglichkeiten dazu geboten bekommen, weil die Busse teilweise nur Zentimeter voneinander entfernt vorbeifahren. So gut wie alle Fahrzeuge sind verbeult. Die Menschen regen sich mit Sicherheit über das unmögliche, ignorante Fahrverhalten ihrer Mitverkehrsteilnehmer auf, aber was sollen sie schon dagegen tun? Stehen bleiben und den sowieso schon zähen Verkehrsfluss gänzlich aufhalten? Damit würden sie ihr Leben riskieren! Die Polizei kümmert sich eh nicht darum; Verkehrspolizisten schlagen am Fahrbahnrand mit Bambusknüppeln selbst auf die Fahrzeuge ein. Und wem sein Auto etwas wert ist, der hat sich zweite Stoßstangen in Form von dicken Eisenrohren anschweißen lassen. Ansonsten machen sich alle Fahrer durch sinnloses Gehupe Luft und Rikscha-Fahrer klingeln wie die Irren, so dass die Straße ein lustiges Konzert von lauten Motoren, Schlägen auf Blech, Geschrei und Gebrüll, Hupen und Klingeln ist. Herrlich! Der Lärm und das Wechselspiel von verschiedensten Gerüchen verursachen einem allerdings Kopfschmerzen, wenn man zu lange unterwegs ist. Roch es gerade noch nach Essen und Gewürzen, riecht es fünf Meter weiter möglicherweise nach Müll und Fäkalien aus der Gosse und Müllbergen am Straßenrand.

Den Bus wieder zu verlassen ist noch schwieriger, weil das meistens mitten auf der Straße geschieht, wenn der Verkehr mal für einen Moment stillsteht. Ohne Rücksicht auf Verluste setzt der Fahrer die Reise fort. Ist man aus dem rollenden Bus herausgesprungen, befindet man sich inmitten von drängelnden Autos.

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