Parlamentswahlen in Bangladesch

Freitag, 04. Januar 2019
Am 30. Dezember 2018 fanden in Bangladesch die 11. Parlamentswahlen statt. In 288 von 300 Wahlkreisen gewann das Parteienbündnis der seit Anfang 2009 regierenden Awami League von Premierministerin Sheikh Hasina. Auf das oppositionelle Parteienbündnis der Jatiya Oikya Front, dem auch die Bangladesh Nationalist Party (BNP) der ehemaligen Premierministerin Khaleda Zia angehört, entfielen sieben Wahlkreise. Unabhängige Kandidaten gewannen in drei Wahlkreisen; für zwei weitere liegt noch kein Ergebnis vor. Laut KM Nurul Huda, Leiter der nationalen Wahlkommission, lag die Wahlbeteiligung bei 80 Prozent. 104 Millionen Menschen waren wahlberechtigt.
Medienberichten zufolge starben am Wahltag mindestens 18 Menschen bei gewaltsamen Auseinandersetzungen zwischen Anhängern verschiedener politischer Parteien; hunderte Personen wurden verletzt. Zudem sei es zu umfangreichen Behinderungen im Vorfeld der Wahl gekommen, die die Wettbewerbsgleichheit deutlich eingeschränkt hätten, beispielsweise Verhaftungen von Politiker*innen und Aktivist*innen der Opposition. Laut BNP-Angaben wurden 9.200 Aktivist*innen der Partei seit der Verkündung des Wahltermins am 8. November 2018 verhaftet. Auch am Wahltag gab es Medienvertreter*innen zufolge landesweit Unregelmäßigkeiten. Unter anderem hätten Wähler*innen vielerorts nicht von ihrem Recht auf geheime Stimmabgabe Gebrauch machen können und der Zugang zu Wahlstationen sei sowohl Wähler*innen als auch oppositionellen Wahlbeobachter*innen verwehrt worden.
Zudem hätten Journalist*innen in mehreren Wahlstationen beobachtet, dass bereits zu Beginn der Stimmabgabe um 8 Uhr Wahlurnen mit einer großen Anzahl an Stimmzetteln gefüllt waren. Wiederholt sei es zu Angriffen auf Journalist*innen gekommen, die solche Unregelmäßigkeiten dokumentieren wollten: sie wurden geschlagen, Kameras und Handys wurden entwendet und Foto- und Videoaufnahmen gelöscht. Im Protest über Unregelmäßigkeiten und Gewalttaten boykottierten Angaben der Tageszeitung Dhaka Tribune zufolge 57 oppositionelle Kandidat*innen die Wahl, die meisten von ihnen verkündeten ihren Boykott am Wahltag selbst. Laut Vertreter*innen der Awami League und der Wahlkommission seien die Unregelmäßigkeiten und Gewalttaten bedauerliche Einzelfälle, die schnellstmöglich aufzuklären seien.
Nach der Wahl bedankte sich Sheikh Hasina bei den Wähler*innen für das ihrer Regierung entgegengebrachte Vertrauen. Sie bewertet den deutlichen Sieg auch als Anerkennung für die wirtschaftliche Entwicklung des Landes im letzten Jahrzehnt. Kamal Hossain, führendes Mitglied der Jatiya Oikya Front, beklagte hingegen eine massive Einflussnahme der Exekutive auf den Wahlprozess. Er bezeichnete die Stimmabgabe als Farce und forderte die Wahlkommission dazu auf, schnellstmöglich Neuwahlen unter Aufsicht einer neutralen Verwaltung durchzuführen.
Internationale Wahlbeobachtungsmissionen waren im Vergleich zu vergangenen Wahlen kaum vor Ort aktiv. Die EU entsendete keine Wahlbeobachter*innen. Das asiatische Wahlbeobachtungsnetzwerk ANFREL sagte knapp eine Woche vor dem Wahltermin ihre Mission ab, die durch das US-amerikanische National Democratic Institute finanziert wurde. Die US-Botschaft in Dhaka begründete dies damit, dass es bei der Akkreditierung für einen Großteil der internationalen Wahlbeobachter*innen durch die relevanten staatlichen Stellen in Bangladesch zu erheblichen Verzögerungen gekommen sei.
Unter anderem die Regierungschefs Chinas, Indiens, Russlands und Saudi Arabiens gratulierten bisher Sheikh Hasina zu ihrem Wahlsieg. Die EU betont in ihrer ersten Stellungnahme zur Wahl, dass die Mobilisierung der Wähler*innen und die Teilnahme der Opposition Ausdruck für das Streben der Bevölkerung nach Demokratie sei. Dennoch habe Gewalt den Wahltag überschattet und es hätten erhebliche Hindernisse mit Blick auf die Wettbewerbsgleichheit bestanden, die den Wahlkampf und die Stimmabgabe beeinträchtigt haben. Die EU ruft alle relevanten staatlichen Stellen in Bangladesch auf, eine ordnungsgemäße Untersuchung der Vorwürfe von Unregelmäßigkeiten durchzuführen und sich bei deren Auflösung voller Transparenz zu verpflichten. Im Wortlaut ähnliche Stellungnahmen wurden auch von den Regierungen Großbritanniens und der USA veröffentlicht.