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Wege aus der Krise – von den ärmsten Menschen lernen

Ressourcenkämpfe und immer heftigere Extremwetterereignisse machen den Klimawandel zur größten Gefahr für die Weltgemeinschaft – das ist das Fazit der Entwicklungsorganisation NETZ, die am Hotspot Bangladesch Projekte zur Armutsbekämpfung umsetzt. Doch es gibt auch Zeichen der Hoffnung.

Wetzlar/Dhaka – Im Schatten der aktuellen wirtschaftlichen und politischen Konflikte bleibt der Klimawandel die größte gemeinsame Herausforderung für die Welt. Und der akute Hunger als unmittelbare Folgen dessen im globalen Süden muss weiter eingedämmt werden, mahnt NETZ Bangladesch e.V. bei der Vorstellung des neuen Jahresberichts. Die Entwicklungsorganisation im hessischen Wetzlar verweist in ihrem Bericht auf immer heftigere Extremwetterereignisse wie Fluten und Dürre, die Armut verstärken und Millionen Menschen in ihrer Existenz bedrohen. „Wir müssen die Klimakrise als Herausforderung für alle Lebensbereiche betrachten“, erklären die NETZ-Geschäftsführer Habibur Rahman Chowdhury (Landesbüro Dhaka) und Dr. Max Stille (Wetzlar). Sie sprechen von einer extrem ungleichen Lastenverteilung: Durch Ressourcenkämpfe, Industrialisierung und knapper werdendes Land würden die ohnehin ärmsten Menschen am heftigsten getroffen, die selbst am wenigsten zum Klimawandel beitragen. Ihre Ernährung, Bildungschancen und Rechte schwinden zusehendes.

NETZ, das schwerpunktmäßig in dem 160-Millionen-Land Bangladesch arbeitet und die Folgen des Klimawandels auch in Indien und Nepal bekämpft, zieht in seinem Jahresbericht Bilanz: Mit verschiedenen Entwicklungsprojekten hat NETZ im vergangenen Jahr fast 150.000 Menschen vor Ort erreicht, deren Lebensverhältnisse sich nachhaltig verbessert haben. Das, so Dr. Max Stille, sei bei allen Herausforderungen die gute Nachricht: „Positive Veränderungen sind möglich – es braucht aber die richtige Strategie dafür“. Er nennt beispielhaft die Geschichte einer Frau aus der südlichen Küstenregion Bangladeschs, die er beim jüngsten Besuch getroffen hat. Dort sind ganze Landstriche durch den steigenden Meeresspiegel gefährdet, zudem hat die industrielle Garnelenzucht für den Export nach Europa die Alteingesessenen verdrängt. „Die Kleinbäuerin Alpona Das konnte immer weniger von ihrer Arbeit leben, ihre Familie nicht mehr ernähren“, schildert der Geschäftsführer. Doch sie hat selbst einen Weg aus der Krise gefunden: Nach Fortbildungen in klimaresilienter Landwirtschaft durch NETZ-Partnerorganisationen schuf Alpona Das sich eine neue Lebensgrundlage. Sie kultiviert lokales salzresistentes Saatgut, legte zusammen mit anderen Betroffenen eine Samenbank an und nutzt Techniken wie Hochbeete und Ranken für ökologischen Landbau. „Diese Anpassung an die Folgen des Klimawandels reduziert Abhängigkeit und verhindert Not”, erklärt Dr. Max Stille. „Das ist auch eine große Inspiration für uns alle, die wir mehr und mehr die Folgen der Klimakrise spüren.”

Besonders von den Folgen der Corona-Pandemie betroffen war laut NETZ-Jahresbericht auch der Bildungsbereich in Bangladesch. „Die langen Schulschließungen haben Kinder aus Familien in Armut weiter benachteiligt“, heißt es darin. Demnach konnten viele Kinder nicht am digitalen Fernunterricht teilnehmen, den die Regierung Bangladeschs als Überbrückung angeordnet hat, weil sie weder über TV noch Internet verfügen. „Darüber hinaus mussten sie zuhause mitarbeiten, um die Familie über Wasser zu halten“, so der Bericht weiter. NETZ fördert in Bangladesch 435 Schulen in abgelegenen „bildungsfernen“ Regionen. An diesen Schulen wurde der Unterricht für Kinder aus Familien in Armut während der coronabedingten Schließungen im Rahmen der Möglichkeiten aufrechterhalten. 55.000 Mädchen und Jungen hat NETZ den Angaben zufolge im vergangenen Jahr mit Qualitätsunterricht gefördert – mehr als 8000 haben den Grundschulabschluss geschafft und besuchen nun weitergehende Schulen.

Bei allen Erfolgen verweist NETZ-Geschäftsführer Dr. Max Stille aber weiter auf die Pflicht hinzuschauen: „Im Rahmen unserer Projekte engagieren sich auch 25.000 ehrenamtliche Menschenrechtsverteidiger*innen in Bangladesch“, erklärt er. „Diese Vertrauenspersonen helfen Betroffenen von Unrecht und Korruption, sie beraten benachteiligte Dorfbewohner und schreiten bei Gewalt und Kinderehen ein – kurzum: sie stärken die Demokratie und den Frieden.“ Und dafür, so Stille, brauche es gerade in den gegenwärtigen Zeiten globaler Konflikte und angesichts Russlands Angriffskriegs gegen die Ukraine internationale Solidarität und Unterstützung. Die Menschenrechtsarbeit in den Dörfern Bangladeschs müsse deutlicher anerkannt werden. NETZ setze sich daher auch in diesem Jahr wieder dafür ein, dass die internationale Gemeinschaft stärker gegen extreme Armut, Unrecht und Ausgrenzung vorgeht.

NETZ Bangladesch e.V. ist eine Entwicklungsorganisation mit den Schwerpunkten Ernährungssicherung/Klimawandel, Bildung und Menschenrechte mit Büros in Wetzlar und Dhaka. Sie arbeitet in Bangladesch und besonders vom Klimawandel betroffenen Gebieten in Ostindien und Nepal. Vor Ort setzen lokale Partnerorganisationen die in Zusammenarbeit mit den betroffenen Menschen entwickelten Projekte um.

Der Jahresbericht 2021 bietet den Überblick zur Arbeit der Organisation. 67.346 Menschen haben im vergangenen Jahr durch gefestigte lokale Selbsthilfestrukturen ihre Ernährung gesichert. 54.535 Kinder haben eine der 435 geförderten Grundschulen besucht. 25.030 ehrenamtliche Menschenrechtsverteidiger haben Unrecht und Gewalt verhindert. In Deutschland engagieren sich knapp 6000 Menschen ehrenamtlich für NETZ, vor allem in der entwicklungspolitischen Bildungsarbeit.

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