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Gruppenfoto Vorstand und BO


Reisebericht des Vorstands

Was uns bewegt hat – Eindrücke unserer Reise

Liebe Mitglieder, liebe Interessierte und Freunde von NETZ,

dieser Reisebericht erreicht Euch/Sie in angespannten Zeiten. Aus jahrzehntelangen Verbindlichkeiten wurden Unsicherheiten in der weltpolitischen Situation. Es herrscht Krieg und Unterdrückung an vielen verschiedenen Schauplätzen, die wirtschaftliche Entwicklung in Deutschland ist ungewiss und die Gelder und Ressourcen für die entwicklungspolitische Zusammenarbeit sollen gekürzt werden. In Bangladesch bemüht sich eine Übergangsregierung tragfähige Perspektiven für das Land zu entwickeln.

Vor diesem Hintergrund fand unsere diesjährige Vorstandsreise im Februar nach Bangladesch statt, wobei unsere Sicherheit als auch die unserer Partnerorganisationen bei der Planung oberste Priorität hatten. Gleichzeitig wollten wir natürlich die Möglichkeit nutzen, einen tieferen Einblick in die Projektarbeit von NETZ vor Ort zu bekommen. Dass dies letztlich gelang, war für die Organisatoren vom NETZ-Büro in Dhaka eine herausfordernde Aufgabe und ihnen gilt unser aufrichtiger Dank für die vielfältige und intensive Zeit.

Gegenseitige Unterstützung schafft Perspektiven

In der ersten Woche besuchten wir in den nördlichen Distrikten Dinajpur und Gaibandha unsere langjährigen Partnerorganisationen Pollisree und GUK und konnten mit den Projektteilnehmerinnen in einen intensiven Austausch treten.  

Im Projetschwerpunkt „Ein Leben lang genug Reis“ sprachen wir unter anderem eine im letzten Jahr neu gestartete Gruppe und einen Zusammenschluss aus Gruppen, deren Förderung ausgelaufen ist. Es war zutiefst beeindruckend, mit welcher Kraft und welchem Selbstbewusstsein diese Frauen aktiv sind, individuelle und gemeinsame Perspektiven für die Gruppe entwickeln, Probleme erkennen und solidarisch nach Lösungen suchen. Auffällig war, wie sehr das gewonnene Wissen auch das Umfeld der Teilnehmerinnen stärkt: Immer wieder berichteten Frauen davon, auch Nachbarfamilien in Notlagen unterstützen zu können. Vor allem im Austausch mit „alten“ Gruppen wurde deutlich, dass Hilfe zur Selbsthilfe nachhaltig gelingt. 

Handpumpe

Sauberes Trinkwasser ist in Bangladesch noch immer kein Standard, doch hat sich über den Lauf der Jahre auch in den Dörfern viel entwickelt. Handpumpen verbessern die tägliche Körperhygiene und damit auch die Prävention von unter anderem Durchfallerkrankungen, auch auf den Reisfeldern kommt ein ausgetüfteltes Bewässerungssystem zum Einsatz. Insbesondere hier wird der Rückgang des Grundwasserspiegels aufgrund des Klimawandels zunehmend zum Problem.

- Kathrin Quellmalz

Wo Bildung beginnt, verändert sich Gesellschaft

Beim Besuch verschiedener Schulen konnten wir einen Einblick in die Bildungsarbeit bekommen. In den Vorschulen wird über die intensive Zusammenarbeit mit den Eltern ein Bewusstsein und damit früh die Grundlage für eigenständiges Lernen geschaffen. Besonders in den Anandalok-Schulen wird diese Selbstständigkeit methodisch weiter gefördert. Im Gespräch mit Alumni, Ehemaligen unterschiedlicher Jahrgänge, wurde deutlich, dass diese Jugendlichen mit Stolz auf ihre eigenen Leistungen blicken und dabei wissen, dass ihr erfolgreicher Lernweg auch auf das Lernkonzept der Anandalok-Schule zurückzuführen ist.

Bei Diskussionen mit Lehrern und Lehrerinnen, Eltern, einer Verantwortlichen der Regionalverwaltung und den Mitarbeiterinnen unserer Partnerorganisationen wurde sichtbar, was sich unter der Übergangsregierung in den Curricula und Schulbüchern ändert. Es wurde deutlich, wie wichtig die Initiativen unserer Programme in Richtung Demokratieverständnis, Gleichberechtigung von Jungen und Mädchen, aber auch Rechte ethnischer und sprachlicher Minderheiten sind.

- Manfred Krüger

NETZ-Besuch beim Muttersprachentag Anandalok Schule

Feierlichkeiten anlässlich des Tags der Muttersprache: Während der 21. Februar weltweit die sprachliche Vielfalt würdigt, steht er in Bangladesch vor allem für den Kampf um die Anerkennung von Bangla. Die rund 40 Indigenen Sprachen des Landes bleiben dabei weitgehend unsichtbar.

- Anna Cijevschi

Ein kleines Mädchen stellt sich nach nur vier Wochen Besuch der Preschool vor die Menge und sagt ein Gedicht auf. Ein hoffnungsvoll begonnener Lernweg – wie wird dieser weitergehen in einem Land im Umbruch, in einer Welt die Entwicklungszusammenarbeit in Frage stellt?

- Dagmar Leboch

Tag der Muttersprache
Wiedersehen mit Bildungstrainerin

Begegnung und herzliches Wiedertreffen am Tag der Sprache mit Abdha Afrin Jhorna, der Bildungstrainerin unserer NETZ Partnerorganisation GUK in Gaibanda, die im letzten Jahr bei unserer Bangladeschtagung „Gewusst wie: Bildung für eine gerechtere Welt“ in Wiesbaden mit dabei war. Sie hatte über Mittag den lebhaften Bratachari-Workshop geleitet, an dem sich einige sicher gut erinnern werden.

-  Bernhard Höper

Eine Anandalok-Schule in der Nähe von Dinajpur: Der kulturelle Reichtum Bangladeschs zeigt sich vor allem in zahlreichen traditionellen Tänzen und Liedern, die bei Aufführungen wie dieser von nahezu allen Zuschauern textsicher mitgesungen werden können. Die Vermittlung dieses Kulturgutes nimmt auch im Schulunterricht viel Raum ein, fördert die soziale Kompetenz der Kinder wie auch die Überlieferung traditionellen Wissens wie hier bei der Reisernte.

-  Kathrin Quellmalz

Menschen engagieren sich für Rechte und Sicherheit

In den recht neuen Menschenrechtsgruppen erlebten wir eine große Offenheit, gegenüber uns fremden Besuchern individuelle und Probleme innerhalb der Gemeinschaft anzusprechen und zu reflektieren. Gleichzeitig war eine große Freude über die bereits kleinen Erfolge zu spüren.

Vorstandsreise 2025 Gruppenfoto

Die noch junge Kasful Civil Society Organisation im Distrikt Gaibanda wurde erst im Mai 2024 gegründet. Die freiwilligen Menschenrechtsverteidiger:innen setzen sich mutig für die Förderung und Sicherstellung der Rechte marginalisierter Gruppen, mit besonderem Fokus auf Frauen und Mädchenrechte, religiöse Minderheiten und Indigene ein. Erste Erfolge zeigen sich in der Verhinderung häuslicher Gewalt, Aktionen gegen Kinderheirat und Verfolgung von Kindesmissbrauch, sowie Sicherstellung der Inanspruchnahme staatlicher Leistungen wie die Witwenrente.

- Bernhard Höper

Die studentische Menschenrechtsgruppe der Mohdipur High School in Gaibanda hat zur Visualisierung von Angsträumen auf dem Schulweg eine „Hot Spot Map“ erstellt, um systematisch Vorfälle von Einschüchterung, Hänselei und Mobbing insbesondere gegen Mädchen zu monitoren und dagegen gemeinsam mit Vertrauenslehrer:innen und lokalen Behörden konsequent vorzugehen.

- Bernhard Höper

Hot Spot Map einer schulischen Menschenrechtsgruppe

In direktem Austausch

Autobahn in Dhaka

Die romantischen Bilder der frisch ausgepflanzten Reisfelder werden jäh abgelöst von Impressionen des massiv voran getriebenen Aufbaus des Straßennetzes. Betonwerke, Ziegeleien, riesige Sandhügel und im Hinterkopf immer der Gedanke – wie lange kann noch so mit den Wasserreserven umgegangen werden. Der neue Highway in Dhaka wird nicht gerade überschwänglich frequentiert – im krassen Gegensatz zu den anderen Straßen in und um Dhaka. Die kosten aber auch keine Maut...

Martina Herzog
Autobahn in Dhaka

In der zweiten Woche unseres Besuchs hatten wir viel Zeit, uns intensiv mit den Kolleg*innen im Dhaka-Büro und mit anderen Hilfsorganisationen zu weiteren Herzensthemen (muttersprachliche Bildung, Behinderung, Inklusion in der Erziehungsarbeit) und zur politischen Situation auszutauschen. Beim Workshop zum Stand der NETZ-Strategie in den einzelnen Arbeitsbereichen sowie zum Thema Nachhaltigkeit lernten wir die Kolleg*innen besser kennen und deren Haltungen und kritische Reflexion des eigenen Handelns im Allgemeinen sowie der derzeit politisch angespannten Situation. Und natürlich kam auch der Spaß nicht zu kurz. Bei einem halbtägigen Workshop zum Thema Zusammenarbeit im Team (Team Building) wurde viel gelacht, gebastelt und gemeinsam mit Freude gearbeitet. Das intensive spielerische Miteinander war sehr bereichernd und wir haben über uns selbst gelernt.

Ein wichtiger Teil der Reise war der Austausch zwischen den Vorstandsmitgliedern und den Kolleg:innen im Büro in Dhaka. Wir erhielten Einblicke in aktuelle Arbeitsschwerpunkte und politische Herausforderungen – und konnten zugleich beim gemeinsamen Teambuilding die persönliche Zusammenarbeit stärken.

- Anna Cijevschi

Gegen Ende der Reise gab es im NETZ Büro in Dhanmondi den gemeinsamen Festakt mit Partnern und Weggefährten zur Verabschiedung von Manfred Krüger aus dem langjährigen Vorstandsvorsitz mit Bildern und Texten, wie sie auch in Wiesbaden präsentiert wurden. Das NETZ Bangladesch Team aus Dhaka überraschte dabei Manfred mit einem gelungenen Porträt. Links der Künstler neben Habibur Rahman Chowdhury, unserem NETZ Landesdirektor.

- Bernhard Höper

Abschiedgeschenk des BO

Trotz aller positiven Eindrücke blieben auch die Herausforderungen im Land spürbar: Der öffentliche Apparat funktioniert vielerorts nicht zuverlässig, Rentenzahlungen bleiben aus, Schulbücher fehlen. Minderheiten erleben Gewalt, kulturelle Veranstaltungen werden aus Sicherheitsgründen eingeschränkt. Die eigene Sicherheit prägt aktuell viele Lebensbereiche. 

Hier wird deutlich, dass sich die politische Situation im Land und die Entwicklungen auf der „Weltbühne“ auf alle Ebenen der Arbeit von NETZ auswirkt – und wie wichtig diese erfolgreiche und wertvolle Arbeit und die damit verbundene Diskussion zur Entwicklung angepasster Strategien gerade jetzt ist! 

Unter allen politischen Spannungen und Ungewissheiten zur weiteren Entwicklung und den anstehenden Wahlen in Bangladesch hat uns die Zuversicht und aktive Arbeit unserer NETZ- Kolleg*innen und Partnerorganisationen zutiefst beeindruckt.  

Herzliche Grüße 

Euer Vorstand 

Im Austausch mit Mustafizur Rahman
Gruppenfoto Vorstand und BO
Im Austausch mit den Kolleg:innen im NETZ Büro in Dhaka.
Tag der Muttersprache
Ein kleines Mädchen trägt bei den Feierlichkeiten zum Tag der Muttersprache ein Gedicht vor.
Tanzaufführung in Anandalokschule
Mit Tanz und Gesang – kulturelles Wissen wird in den Anandalok-Schulen lebendig weitergegeben.
NETZ-Besuch beim Muttersprachentag Anandalok Schule
Mit Gedichten, Liedern und gemalten Bilder feiern die Anandalok-Schüler*innen den Tag der Muttersprache.
Vorstandsreise 2025 Gruppenfoto
Gruppenbild mit der noch relativ jungen, erst im Mai 2024 gegründeten Kasful Civil Society Organisation im Distrikt Gaibanda.
Wiedersehen mit Bildungstrainerin
Wiedersehen am mit Abdha Afrin Jhorna, der Bildungstrainerin unserer NETZ Partnerorganisation GUK in Gaibanda. Sie war 2024 Gast auf der Bangladeschtagung.
Hot Spot Map einer schulischen Menschenrechtsgruppe
Die "Hot Spot Map" macht unsichere Bereiche auf dem Schulweg sichtbar. Sie erfasst systematisch Vorfälle von Einschüchterung und Mobbing – als Grundlage für gezielte Gegenmaßnahmen.
Handpumpe
Sauberes Wasser ist nicht selbstverständlich. Handpumpen helfen im Alltag – doch die Auswirkungen des Klimawandels machen sich immer stärker bemerkbar.
Autobahn in Dhaka
Die neue Autobahn in Dhaka wird nicht viel genutzt. Ein Grund hierfür könnte die Maut sein.
Abschiedgeschenk des BO
Manfred Krüger erhält zur Verabschiedung aus dem langjährigen Vorstandsvorsitz ein Protrait von den Kolleg:innen aus dem NETZ Büro in Dhaka.