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Reden schafft eine bessere Zukunft

Der „Demokratische Dialog“ ist ein wichtiges Element der NETZ-Menschenrechtsarbeit. Doch wie genau sieht das eigentlich aus? Zu Besuch in Badarganj in Nordwestbangladesch. Hier treffen sich Menschen aus den verschiedenen Gesellschaftsbereichen vierteljährlich zu der Austauschrunde. Diesmal sind gut 28 Leute dabei, darunter viele Vertreter*innen von zivilgesellschaftlichen Organisationen auf Unions- und Dorfebene, Regierungsbeamte des Gesundheitsministeriums und der staatlichen Entwicklungsbehörde.

Die Teilnehmer*innen sind hier zusammengekommen, um sich auszutauschen. Es soll über Fälle von Menschenrechtsverletzungen in der Region gesprochen werden, Veranstaltungen zu kommenden Anlässen wie Nationalfeiertagen, örtlichen Festveranstaltungen und religiösen Prozessionen sollen organisiert werden, um in dem Rahmen auf Menschenrechtsthemen aufmerksam zu machen. Zudem wollen die Teilnehmenden Zeichen gegen Kinder-Ehen setzen und über staatliche Leistungen sprechen, die benachteiligten Menschen in den Dörfern zustehen.

Die NETZ-Partnerorganisation MKP ist vor Ort und organisiert das Treffen. Los geht es mit einem kleinen Rückblick auf das letzte Mal. Was ist seitdem geschehen, nachdem damals Herausforderungen und konkrete Probleme zur Sprache kamen? Gibt es schon Lösungen? Auf einem Poster wird der Gruppe in Erinnerung gerufen, was die Themen waren: etwa das Thema Arbeitslosigkeit. Es wurde gesammelt, wer aus der Region Arbeit sucht, mit dem Ziel, die Menschen zu vermitteln. Und es gab Erfolge: Eine Vertreterin der Zivilgesellschaft berichtet, dass fünf Frauen seitdem eine dreimonatige Schneiderausbildung erhalten haben und jetzt als selbständige Schneiderinnen tätig sind.

Außerdem gibt es da Nilufar Yasmin. Sie erhielt eine sechsmonatige Ausbildung von der lokalbehördlichen Abteilung für Frauenangelegenheiten. Seitdem arbeitet sie als Ausbilderin für eine lokale Nichtregierungsorganisation und hat bereits 200 weitere Frauen darin geschult, selbst Einkommen zu erwirtschaften. Sie erklärt, dass sie als Frau in ihrem Leben kaum würdevoll behandelt wurde – seit sie als Ausbilderin arbeitet, erfahre sie jedoch viel Respekt durch die Gesellschaft.

Ein weiteres Thema des Rückblicks ist häusliche Gewalt: In mehreren Fällen, die bekanntgeworden waren, wurden vor Ort Treffen einberufen. Mitglieder der örtlichen von NETZ unterstützten Menschenrechtsgruppe waren vor Ort bei den betroffenen Familien, um der Ursache auf den Grund zu gehen und Lösungen zu finden.

Zudem gab es in der Region einen Konflikt um ein Darlehen: Nachbarn hatten ein solches von Privatleuten aufgenommen. Der Kreditgeber zerrte den Schuldner in sein Haus, forderte unvermittelt die Rückzahlung des Geldes und wollte ihn nicht gehen lassen. Durch die Menschenrechtsgruppe vor Ort konnte im gemeinsamen Gespräch jedoch eine friedliche Lösung ausgehandelt werden – dem Schuldner wurde sogar ein großer Teil der Schulden erlassen.

Dann ging der „Demokratische Dialog“ in die Gegenwart. Die Versammelten waren an der Reihe, dem Vertreter des Gesundheitsamtes Fragen zu stellen. Und sie machten reichlich Gebrauch davon: Welche Medikamente werden von der Gemeindeklinik in der Regel kostenfrei zur Verfügung gestellt, wer kann sie bekommen und wann kann man sie abholen? Zudem äußerten Mitglieder ihre Besorgnis, dass am Ende eines Monats nicht mehr genug Medikamente vor Ort zur Verfügung stehen, da einflussreiche Personen im Dorf den Arzt unter Druck zu setzen vermögen. So bekommen diese mehr Medikamente als nötig verschrieben, wohl um einen Vorrat zu bekommen.

Wie sich bei der Fragerunde herausstellte, erhalten die Menschen in der Region fast 30 verschiedene Arten von Medikamenten für häufig auftretende Krankheiten - auch Schwangerschaftstests können sich Frauen abholen, ebenso wie kostenlose vor- und nachgeburtliche Untersuchungen. Und: alle kranken Menschen haben Anspruch auf kostenlose Medikamente, erklärte der Regierungsvertreter – etwas, dass längst nicht alle hier wussten.

Ein weiteres Thema war Landlosigkeit, das sich an den Vertreter der Entwicklungsbehörde richtete. Welche Unterstützung gibt es für Landlose, wollten die Menschen wissen.

Im Anschluss an die Runde hat die Dialoggruppe einen erneuten Aktionsplan mit konkreten Aufgaben erstellt, die man bis zum nächsten Treffen umsetzen will. Dabei spielten Kinderehen, die berufliche Ausbildung junger Menschen sowie die Ausgabe von Dünger an Bauern eine Rolle. Diesbezüglich wurden Treffen mit Familien organisiert, in denen die damit verbundenen Probleme thematisiert werden sollen. Auch wollten Gruppenvertreter*innen religiöse Einrichtungen und deren Vorsteher*innen ansprechen und sie motivieren, die Gemeinden zu sensibilisieren. Auch mit dem Standesamt wollte man in Kontakt treten, um vor Altersfälschung bei jungen Mädchen, die verheiratet werden sollen, aufmerksam zu machen. Gemeinden sollten zudem informiert werden über eine kostenlose Telefon- Hotline, bei der Fälle von geplanten Kinderehen gemeldet werden können.

Das nächste Treffen wurde dann auch schon vorbereitet – Schwerpunktthema wird dann wieder "Gewalt gegen Frauen" sein. Diesmal hat sich die Dialogrunde darauf verständigt, einen Vertreter des Landwirtschaftsministeriums und des Jugendministeriums zum nächsten Dialogtreffen einzuladen.

Und was denken die Teilnehmenden über den „Demokratischen Dialog“? Abdul Aziz (ehemaliges Mitglied des Gemeinderats) betonte nachdrücklich, wie wichtig es sei, mit dem gesellschaftlichen Wandel zum Besseren auf der Dorfebene zu beginnen. „Der Dialog ist eine sehr gute und hilfreiche Erfahrung, um mit Beamten zu sprechen – wir sollten das fortsetzen, es hilft, Möglichkeiten für uns und für die Gemeinschaft zu schaffen. Es herrscht eine offene Atmosphäre. Normalerweise haben wir nur selten die Möglichkeit, Regierungsbeamte zu treffen.“

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