Klimagerechte Zukunft: Das haben wir 2023 erreicht
Die Klimakrise ist eine massive Bedrohung. Wie kann man sich dagegen wappnen? In NETZ-Projekten analysieren Menschen drohende Gefahren. Sie lernen, wie sich Schäden verhindern lassen - und wie sie Ernährung, Bildung und ihre Rechte sicherstellen.
„Das Gleichgewicht geht verloren“, so beschreibt Mafiya Begum in einem Satz den Klimawandel. Was das bedeutet, zeigt sie vor ihrem Haus im Dorf Paikora. Hier verläuft der Atrai-Fluss, der prägend für die Region ist und den traditionellen Fischern stets Arbeit bot. Inzwischen aber schwankt der Pegel heftig zwischen den Extremen: Das Wasser steigt entweder meterhoch, flutet die Siedlungen und zerstört Anbauland. Oder er sinkt so tief, dass kaum etwas gefangen wird und sich Felder nicht mehr mit Wasser aus dem Fluss bewässern lassen.
Bevor das für die Kleinbäuerin und ihre Familie zum existenziellen Problem wurde, hat sie gehandelt: In einem Landwirtschaftstraining im Rahmen eines NETZ-Projekts erfuhr sie von klimaresilienten Anbaumethoden und setzte diese sogleich um: Rankgemüse wie Kürbisse auf dem Hausdach und in Hochbeeten ziehen; Setzlinge in mobilen Pflanzsäcken wachsen lassen, bis sie widerstandfähig genug sind. Und Mafiya Begum konnte auch ein drängendes Problem lösen: der in Flutzeiten fehlende Platz zum Ziehen von Reissetzlingen. Zusammen mit ihrem Mann konstruierte sie „schwimmende Beete“: Auf mehreren zusammengebundenen Stämmen von Bananenstauden werden Reisig, Seerosenblätter und Erde aufgebracht und Reisbüschel gezogen. Die rechteckigen ein mal zwei Meter großen Beete können wochenlang auf dem Fluss treiben und werden zugleich natürlich bewässert. Wenn das Hochwasser zurückgeht, werden die Reissetzlinge auf den Feldern eingepflanzt, wo sie weiterreifen.
Wie die Menschen sich hier an die klimabedingte Veränderung der Lebensverhältnisse anpassen, ist nur ein Beispiel von vielen. In großer Eigeninitiative gestalten die Menschen diese Transformation – und die wichtigste Ressource dafür ist: Wissen. Das erhalten Projektteilnehmerinnen durch Schulungen in klimaresilienter Landwirtschaft, die neben klima- und umweltschützenden Maßnahmen wesentlicher Bestandteil der Arbeit vor Ort sind. Ein Beispiel: Wasser sparen. In immer mehr Regionen wird durch zunehmende Dürre die Wasserversorgung knapp. Frauen eignen sich Techniken an, um dem zu begegnen. Sie bauen Senf und Feldfrüchte an, die weniger Bewässerung brauchen, decken Felder mit Stroh als Verdunstungsschutz ab und bewässern Pflanzen sparsam mit selbstgebauten Tröpfchenspendern.
Die Klimakrise wird bereits von Kindern und jungen Erwachsenen in Schulen thematisiert. An NETZ-geförderten Bildungseinrichtungen beschäftigen sich Schüler*innen im Rahmen des Naturkundeunterrichts mit Klimaveränderungen und Folgen wie der zunehmenden Gefahr durch Denguefieber. Sie lernen nicht nur selbst über Risiken und Schutzmaßnahmen, sondern stellen ihre Erkenntnisse im Rahmen von Projekttagen auch der Dorfbevölkerung vor.
Essenziell ist auch der Kontakt zur lokalen Verwaltung und staatlichen Stellen: Dorfgruppen bündeln die Erfahrungen der Menschen, die in abgelegenen Regionen unter Flut, Dürre und Hitzewellen leiden, und fordern Unterstützung ein. Sie nehmen den Staat in die Pflicht, Betroffene entsprechend der nationalen Klimakonzepte zu unterstützen.
Was wir 2024 vorhaben
Küstenregionen im Süden Bangladeschs, in denen Menschen keinen oder nur eingeschränkten Zugang zu sauberem Trinkwasser haben, rücken weiter in den Fokus. NETZ wird weiter Analysen und Studien zu Klimawandel-Folgen für die Lebensgrundlage besonders betroffener Gruppen erstellen - als Grundlage für unsere weitere Arbeit.