Ein Leben Lang genug Reis: Das haben wir 2022 erreicht
Mit ihren kleinen Höfen setzen die einst ärmsten Frauen in strukturschwachen Regionen Bangladeschs und benachbarten Regionen in Indien ein deutliches Zeichen: Durch Start-Unterstützung, kreative Wege der Landwirtschaft und große Hilfe untereinander können sie ihre Familien selbstständig versorgen. Und stärken den dörflichen Zusammenhalt.
Von dem wenigen Geld, das sie als Tagelöhnerin verdiente, blieb im Grunde nie etwas übrig. Und Sajeda Begum kannte nie etwas anderes. Seit jeher hat sich die heute 32-Jährige in der Landwirtschaft verdingt, mit dem Verdienst Lebensmittel für die Familie gekauft. Ihr Ehemann war lange Zeit schwerkrank und starb vor elf Jahren, nur kurz nach der Geburt des zweiten gemeinsamen Kindes. Sajeda Begum war nicht nur gesellschaftlich vereinsamt, sondern auch allein für den Lebensunterhalt von sich, Sohn Sajib und Tochter Chayna verantwortlich.
Ein solch entbehrungsreiches und zugleich verantwortungsvolles Leben kennen viele Frauen in Bangladesch. Weil sie verwitwet sind, Ehemänner sie verlassen haben oder weit entfernt von der Familie in der Großstadt arbeiten. Mütter müssen an schlechten Tagen dann oft selbst verzichten, um den Kindern etwas geben zu können, beschreibt Sajeda Begum.
Schließlich wurde sie in ein Projekt des NETZ-Schwerpunkts „Ein Leben lang genug Reis“ aufgenommen und schloss sich so der Selbsthilfegruppe im Dorf an. Nun war die zweifache Mutter nicht mehr allein im Kampf gegen den Hunger: Gemeinsam mit anderen Frauen, die Armut und das damit verbundene Ohnmachtsgefühl gut kennen, begann sie, nachhaltige Selbsthilfestrukturen aufzubauen. Wie das funktioniert? Projektteilnehmerinnen erhalten zunächst selbstgewählte Start-Unterstützung. Das können die Ausstattung für eine kleine Schneiderei oder Teestube, Hühner für eine Eierzucht oder – wie bei Sajeda Begum – ein Kalb sein, das aufgezogen und mit Gewinn verkauft wird. So erschließen die Frauen neue Einkommensquellen, die in der Folge nicht selten zur Hauptbeschäftigung werden. Sie legen zudem eigene Gemüsegärten und Lebensmittelvorräte an.
Die Dorfgruppen treffen sich regelmäßig, sammeln und vergeben lokales, ergiebiges Saatgut. Gemeinsam bündeln sie ihr Wissen, das sie selbstständig und unabhängig macht. So stehen die Frauen füreinander ein, helfen sich gegenseitig in Notlagen und schaffen mit ihren Solidargemeinschaften Anlaufpunkte für andere bedürftige Menschen. Dieses Netzwerk der Unterstützung fängt Menschen in Notlagen sofort auf. Dass solche unverhofft schnell eintreten können, haben die seit 2022 massiv gestiegenen Lebensmittelpreise deutlich gezeigt.
Sajeda Begum musste einst ihr Neugeborenes den ganzen Tag mit auf das Feld nehmen, auf dem sie als Tagelöhnerin arbeitete. Doch das ist Vergangenheit. Sohn Sajeeb geht inzwischen zur Schule, mit ihrer Kuhaufzucht und dem Gemüsegarten hat Sajeda Begum nun ein gutes Auskommen – und das eigene Haus wieder zum Zuhause gemacht.
Was wir 2023 vorhaben
Die NETZ-Partner nehmen mehr als 2.000 Frauen neu in die Projekte auf. Gemeinsam entwickeln sie Strategien, um mit den besonderen regionalen Auswirkungen des Klimawandels umzugehen und ihre im Zuge der Projekte selbst geschaffenen Existenzgrundlagen zu festigen.
Die Arbeit in der Küstenregion Bangladeschs wird weiter etabliert und systematisch gestärkt.