Der Klimakrise entgegentreten
Er ist die große gemeinsame Herausforderung für die Welt: der Klimawandel. Doch die Lasten sind extrem ungleich und ungerecht verteilt. Fatale Folgen wie die Zerstörung von Umwelt und Lebensgrundlagen treffen jene Menschen in Südasien am heftigsten, die den Wandel am wenigsten befeuern. Daher hat NETZ mit den Betroffenen vor Ort Strategien und praktische Lösungen auf Grundlage bewährter Ansätze entwickelt – bei denen es auch darum geht, weiterzudenken.
„Wir müssen die Klimakrise als multidimensionale Herausforderung verstehen“, sagt Habibur Rahman Chowdhury, NETZ-Landesdirektor in Bangladesch. „Denn es geht dabei nicht nur um ein einzelnes Ereignis.“ Wenn ungewohnt heftige Regenfälle und Überflutungen ein Haus wegreißen, dann ist das Allerwichtigste zwar die unmittelbare Unterstützung in der Not. Aber es geht auch um die Fragen: Wie konnte es dazu kommen? Und wie kann der (Wieder-)Aufbau einer landwirtschaftlichen Existenz dauerhaft gesichert werden – gerecht für alle Betroffenen?
Landwirtschaft anpassen
Die Herausforderungen sind vielfältig: Neben Fluten bedrohen besonders heftige Dürreperioden die Böden in den vor allem von der Landwirtschaft abhängigen Regionen. Regen fällt immer unzuverlässiger, das gefährdet Anzucht und Ernten. Wenn das Wasser kommt, dann mit zerstörerischer Wucht: Häuser stehen wochenlang unter Wasser, die Vorräte verderben. An den Flussufern trägt die Erosion wichtiges Ackerland ab, ohne dass die Menschen Ersatz bekommen. Wo sie doch abhängig sind von ihrer Erde. Genauso sind neben Wetterextremen soziale Faktoren maßgeblich: Armut, Verdrängung durch die Industrie und Perspektivlosigkeit treiben Menschen in die Städte, fernab ihres eigentlichen Lebensmittelpunkts auf dem Land.
Alpona Das, eine Kleinbäuerin aus dem Dorf Dhumghat im Süden Bangladeschs, kennt diese Abhängigkeit. Sie lebt mit ihrer Familie in der Region Satkhira, einem südwestlichen Küstendistrikt Bangladeschs. Unmittelbar nach ihrer frühen Heirat verlor ihr Mann aufgrund einer schweren Krankheit das gesamte Ackerland. Sie war gezwungen, als Tagelöhnerin zu arbeiten. Abhängig vom Gutdünken wohlhabender Grundbesitzer*innen – und den Folgen des Klimawandels.
Die starke Versalzung von Böden ist in Satkhira ein besonders dringliches Problem. Das liegt einerseits unmittelbar an der kommerziellen Garnelenzucht, die hektarweise Land schrittweise unbrauchbar macht. Andererseits tragen auch der Anstieg des Meeresspiegels und klimatisch bedingte Extremwetterereignisse wie Zyklone, Flutwellen und Küstenüberschwemmungen zur Zerstörung bei, die Menschen wie Alpona Das in die Armut zwingen.
Versalzung, Überschwemmung und Dürre
Der Klimawandel macht nicht an Grenzen halt. So arbeitet NETZ mit seinen Partnern in besonders vom Klimawandel betroffenen Schwerpunktregionen über Landesgrenzen hinweg. In Bangladeschs Küstenregion Satkhira wird an neuen Lösungen gearbeitet. In den besonders durch Dürren bedrohten Regionen des indischen Bundesstaates Westbengalen hat die Projektarbeit Menschen im vergangenen Jahr unterstützt, den Widrigkeiten zum Trotz Lebensgrundlagen zu schaffen und zu erhalten. Der Austausch mit anderen Organisationen der Region zeigt grenzübergreifende Probleme – wie etwa Wasserverteilung. Vor allem bietet er die Chance, sinnvolle Ideen zu ähnlichen Herausforderungen auszutauschen und von-einander zu lernen.
Im Vordergrund der Arbeit für die Anpassung an die Folgen des Klimawandels steht die Unterstützung von klimaresilienter Landwirtschaft. Doch was genau ist das eigentlich? Projektteilnehmer*innen lernen in Trainings, wie sie ihre Landwirtschaft an sich verändernde klimatische Bedingungen anpassen können – etwa flutsichere Hochbeete anlegen oder Kürbisranken auf dem Dach ziehen. Genauso aber geht es um Anbausorten: Alpona Das aus Dhumghat hatte früher mit einem Mangel an Qualitätssaatgut zu kämpfen. Im Rahmen des Projekts bekam sie die Gelegenheit, an einer lokalen Bauernmesse teilzunehmen. Dort erstand sie qualitatives und resistentes lokales Saatgut und lernte, wie man Gemüse im ökologischen Landbau zieht. Diese Ideen und Kenntnisse bewahren Projektteilnehmerinnen und geben sie in ihren Dorfgruppen weiter. Sie werden sogar selbst aktiv und legen Saatgutbanken an, auf denen sie lokales und indigenes Saatgut bewahren und an bedürftige Menschen ausgeben.
Alpona Das ist inzwischen eine erfolgreiche Gemüsezüchterin in der Gegend mit sehr gutem Ruf. Jüngst hat sie begonnen, mit einer salztoleranten lokalen Bohnensorte zu experimentieren. Dies, sagt Alpona Das, ist ihr Beitrag für die Gemeinschaft.