|
Rangpur, im Advent 2023 |
"Das Leben meiner Tochter darf nicht werden wie meines!"
|
Liebe Freund*innen von NETZ,
meine Augen brennen vom feinen Sand, den die Böe gegen unser Boot weht. Während die Fahrt auf die Flussinsel für mich nur eine anstrengende Etappe meiner Bangladesch-Reise ist, haben meine Sitznachbarn keine andere Wahl: Sie müssen täglich mit dem mächtigen Tiesta-Fluss leben.
|
|
|
|
Von einem grünen Streifen im Wasser steigen Menschen mit Grasbündeln auf den Schultern auf unser Boot. Als das Land nach den Überschwemmungen aus dem Fluss auftauchte, ergriffen sie die Chance, hier Gras zu sammeln. Doch der Mangel zeichnet sie sichtlich.
|
|
|
|
Auf der Insel treffe ich Monira Begum.
|
Die Tagelöhnerin weiß seit ihrer Kindheit nicht, ob sie am nächsten Tag genug zu essen hat.
|
|
|
|
Moniras Vater hielt die Entbehrungen nicht mehr aus und verließ die Insel und seine Familie. Nur einmal dachte Monira, dass ihr Leben anders werden könnte: Als sie einen Mann vom Festland heiratete und zu ihm zog. Doch ihre Hoffnung zerplatzte schnell. Wie ihre Mutter wurde sie von ihrem Mann verlassen. Im siebten Monat schwanger floh sie zurück auf die Insel, zu ihrer Mutter.
„Wie sollten wir das jetzt schaffen, alleine als Frauen?“
|
|
|
|
Ein eindrucksvolles Bild dreier Generationen von Frauen – eine hat ihr ganzes Leben noch vor sich. „Ich habe nur den einen Wunsch: dass das Leben meiner Tochter Jeba nicht so wird wie meines“, sagt Mutter Monira Begum.
„Für arme Menschen interessiert sich niemand, alle schauen weg!“, seufzt Monira Begum, als sie an ihre aussichtslose Lage denkt. Doch sie blieb stark und machte es anders als einst ihre Mutter: Lieber verzichtete sie auf Mahlzeiten, als ihre Tochter Jeba arbeiten zu schicken. So konnte Jeba diesen Sommer die Grundschule abschließen – als erstes Mädchen in der Familie.
|
|
|
|
Ärmel hoch und los
|
Monira Begum berichtet mir, wie sie sich mit dem NETZ-Projekt "Ein Leben lang genug Reis" aus der extremen Armut kämpft.
|
|
|
|
Doch dieses Jahr gab es nicht nur Überschwemmungen auf der Insel, sondern auch unvorstellbare Preissteigerungen von Grundnahrungsmitteln. „Gemüse ist auf einmal doppelt so teuer! Ich kann schon lange keines mehr kaufen. Mein Tagelohn ist ja noch der gleiche – wenn ich überhaupt Arbeit habe.“ Monira ist verzweifelt. „Wir essen höchstens das, was auf den Feldern nach der Ernte liegen bleibt.“
|
|
|
|
Ein kleiner Garten - endlich Gemüse essen können
|
Monira Begum zeigt mir stolz, wie sie ihre Kürbisse bewässert
|
|
|
|
Allein die Dorfgruppe des NETZ-Projekts „Ein Leben lang genug Reis“ bewahrt Monira davor, aufzugeben. „Ich habe so viele Sorgen. Doch nun bin ich nicht mehr allein“, erzählt Monira mir. Zuletzt lieh sie sich etwas von dem Reis, den die Frauen wöchentlich zusammenlegen. Sie wird ihn sicher bald zurückgeben können: „Ich habe doch jetzt Kürbisse gepflanzt, die wachsen schnell. Und bald bekomme ich Enten und Ziegen vom Projekt!“ Plötzlich ist Monira Begum voller Tatendrang und zeigt mir den Entenstall aus Bambus, den sie gerade vorbereitet.
|
|
|
|
Ich wünsche Euch und Euren Lieben im Namen des gesamten NETZ-Teams frohe Weihnachten, Geborgenheit und Beisammensein.
|
|
|
|
|